Unmut in SPD über Finanzminister: Steinbrück entfacht Rentenstreit
Finanzminister Steinbrück hat mit Kritik an der Rentenpolitik seiner Regierung die Debatte über Generationengerechtigkeit neu angestoßen. SPD-Landeschefs werfen ihm vor, den Wahlkampf zu torpedieren.
BERLIN dpa Die Kritik aus der SPD an Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) wegen seiner rentenpolitischen Äußerungen reißt nicht ab. Der niedersächsische Landesvorsitzende Garrelt Duin sagte der Bild-Zeitung: "Peer Steinbrück sollte dringend in den Urlaub fahren, denn die Diskussion ist völlig überflüssig. Wenn wir uns in der SPD ständig selbst zerfleischen, können wir keine Wahlen gewinnen." Bayerns SPD-Chef Florian Pronold kritisierte in der Zeitung: "Diese Diskussion jetzt zu führen, ist überflüssig und schädlich für die SPD."
Steinbrück hatte mit Blick auf die Rentengarantie gesagt, angesichts einer "bemerkenswerten Rentenerhöhung" und anderer Maßnahmen stelle sich "langsam die Frage, ob das unter dem Gesichtspunkt der Generationengerechtigkeit nicht grenzwertig ist". Der heutigen Rentnergeneration gehe es so gut wie keiner zuvor. Die "Gekniffenen" seien die heute 25- bis 35-Jährigen. Nach der beschlossenen Rentengarantie sollen die Ruhestandsbezüge auch dann nicht sinken, wenn die Löhne der Beschäftigten geringer werden. Zum 1. Juli wurden zudem die gesetzlichen Altersbezüge im Westen um 2,41 Prozent und im Osten um 3,38 Prozent angehoben.
Arbeitgeber-Präsident Dieter Hundt unterstützte Steinbrück: "Der Beschluss, die Renten selbst bei sinkenden Löhnen stabil zu halten, ist ein falsches Signal. Es muss alles unterlassen werden, was die Beschäftigten und die Wirtschaft zusätzlich belastet." Auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Renate Künast, pflichtete Steinbrück bei. "Die Löhne gehen runter und die Renten sollen hochgehen. Das funktioniert so nicht", sagte sie am Montag im ARD-"Morgenmagazin". Die alte Rentenformel sei richtig gewesen. Eine Garantie sollte es nur für niedrige Renten geben. "Die Jüngeren müssen es bezahlen können", sagte Künast.
Angesichts der internen Querelen rückte SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier die Äußerungen von Finanzminister Peer Steinbrück über Sinn oder Unsinn einer Rentengarantie zurecht. "Wir dürfen keine Gruppe unserer Gesellschaft gegen eine andere ausspielen: Das ist ein zutiefst sozialdemokratischer Gedanke", sagte der stellvertretende SPD-Chef der Welt am Sonntag. Steinmeier sagte, Steinbrück trage die Rentengarantie mit und weise "zu Recht darauf hin, dass wir immer auch die Frage der Generationengerechtigkeit im Auge behalten müssen".
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