Universität der Künste: Tauziehen um eine Professorenstelle
Studierende werfen ihrer Fakultät Vetternwirtschaft bei einer Stellenbesetzung vor.
Berufungsverfahren an Hochschulen sind eine nervenaufreibende Angelegenheit. Jahrelang dauern die Prozesse, zäh gestalten sie sich, schwer nachvollziehbar wirkt am Ende oft die Entscheidung. An der Universität der Künste (UdK) ist Studierenden der Bildenden Kunst ob der Vorgänge an ihrer Fakultät nun der Kragen geplatzt: In der vergangenen Woche blockierten sie eine Stunde lang den Eingang zum Hochschulgebäude, um im Zuge eines laufenden Besetzungsverfahrens für ihre Favoritin Stellung zu beziehen. Zugleich warfen sie der Fakultät Vetternwirtschaft vor. Mit ihrem Protest erwirkten die Studierenden zumindest ein Gespräch mit UdK-Präsident Martin Rennert; am heutigen Freitag wollen sich beide Seite treffen.
Stein des Anstoßes ist eine seit Jahren vakante Professur in der Bildenden Kunst. Für diese Stelle prüfte der Fakultätsrat mehrere teils bekannte Künstler; zugleich bewarb sich die derzeitige Gastprofessorin Hito Steyerl. Im Fakultätsrat sitzen insgesamt 13 Professoren, Vertreter des akademischen Mittelbaus und Studentenvertreter. Während die Professoren Mitbewerber favorisierten, plädierten die Studierenden stets für Steyerl. Derzeit herrscht ein Patt zwischen den Kandidaten, keiner kann eine Mehrheit auf sich vereinen.
Steyerl kenne ihre Klasse bereits, sie sei beliebt, ihre künstlerischen und politischen Positionen anerkannt, hieß es. "Alle unsere Protestschreiben wurden jedoch schlicht ignoriert", klagt Studentin Martyna Starosta. Dass Steyerl trotz des Rückhalts aus den Reihen der Studenten im Fakultätsrat keine Mehrheit findet, "das stinkt nach Vetternwirtschaft und einer groben Missachtung der Bedürfnisse und Rechte der Studierenden".
"Das stimmt so einfach nicht", kontert die Dekanin der Fakultät, Ana Dimke. Auch den Vorwurf, dass die feministischen Positionen Steyerls wenig Freunde im Fakultätsrat finden, weist sie weit von sich. In einem Berufungsverfahren sei es üblich, dass sich mehrere hochkarätige Hochschullehrer bewerben; zudem gebe es keine Garantie, dass eine Gastprofessur in eine unbefristete Anstellung mündet. "Persönlich finde ich die Arbeit von Frau Steyerl hervorragend", sagte Dimke der taz. "Aber ich kann doch hier nicht Richterin spielen." Sie verweist darauf, dass die Stelle offiziell ausgeschrieben gewesen sei.
Dimke schlägt vor, die Professur nun komplett neu auszuschreiben. Ihrer Meinung nach ist es der einzige Weg aus der verfahrenen Situation. Bei einer neuen Runde könne zudem das Stellenprofil klarer gefasst werden, um von vornherein gezielter Bewerber anzusprechen, sagt die Dekanin. Indes: Bis die Professur dann tatsächlich besetzt wäre, könnten erneut Jahre vergehen.
Hito Steyerl hat inzwischen angekündigt, dass sie auf ein weiteres Jahr als Vertretungsfrau "nach dem Verlauf des Berufungsverfahrens" verzichtet. An der festen Stelle habe sie selbstverständlich weiter Interesse, erklärte sie der taz. Deshalb habe sie sich ja auch offiziell beworben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!