Unipräsident über Einflussnahme Privater: „Wir haben nichts zu verbergen“
Ein Vetorecht bei Berufungen an die Mainzer Uni war nicht intendiert, sagt Georg Krausch. Verträge mit Stiftungen sollen künftig unmissverständlicher formuliert werden.
taz: Herr Krausch, Sie haben Fehler bei der Gestaltung der Verträge mit der Boehringer Ingelheim Stiftung eingeräumt. Wenn eine Einflussnahme der Stiftung auf die Forschung nie intendiert war, wieso steht sie dann im Vertrag?
Georg Krausch: Das ist eine Vergangenheitsbewältigung, die ich Ihnen derzeit nicht liefern kann. Im Vertrag steht, dass wir nach einem regelhaften Berufungsverfahren und der Ruferteilung durch das Ministerium Berufungsverhandlungen führen und das Ergebnis der Verhandlungen, so wie wir das immer machen, in einer Vereinbarungen festgehalten wird. Und da die Stiftung die Gelder für das Institut für Molekulare Biologie zu hundert Prozent zur Verfügung stellt, war die Idee, dass die Stiftung die Vereinbarung noch einmal prüfen kann, ob die Verausgabung der Stiftungsmittel auch mit den Regelungen der Stiftung konform ist.
Die Idee, dass das ein Instrument sein könnte, um nicht genehme ProfessorInnen zu verhindern, kamen Ihnen nicht?
Da wir die Mitglieder des Vorstands der Stiftung gut kannten und wussten, was ihre Intention ist, haben wir diesen Verdacht nicht gehabt. Aber darum geht es nicht: Verträge sind für den Worst Case gemacht, und der Worst Case ist, dass da jemand sitzt, der all seine Rechte ziehen will. Um einen möglichen Missbrauch in der Zukunft auszuschließen, wollen wir die Verträge entsprechend ändern. Ich gehe davon aus, dass wir im Herbst unterschriftsreife Verträge vorliegen haben, die die jetzigen ersetzen.
Die Stiftung und die Uni haben sich gegenseitig zur Verschwiegenheit verpflichtet. Warum die Geheimhaltung?
In dem Vertrag stehen so manche Klauseln, die in solchen Verträgen immer stehen, ohne dass wir sie entsprechend reflektiert hätten. Aber dass die Stiftung in Abstimmung mit uns im letzten Sommer proaktiv und ohne rechtliche Verpflichtung Journalisten eingeladen hat, die Verträge einzusehen, zeigt ja auch, dass wir da sehr offen sind. Wir haben der Öffentlichkeit gezeigt, dass wir nichts zu verbergen haben.
Jahrgang 1961, studierte Physik in Konstanz. Nach Promotion und Habilitation war er Professor für Physikalische Chemie an der LMU München, danach an der Uni Bayreuth. Seit 2007 ist er Präsident der Johannes Gutenberg-Universität Mainz.
Wieso veröffentlichen Sie die Verträge dann nicht im Netz, damit jeder, nicht nur Journalisten, sich eine Meinung bilden kann?
Ich kann Ihnen im Augenblick nicht sagen, wie wir langfristig damit umgehen werden. Ich bitte um Verständnis, dass wir das mit der Stiftung als unserer Vertragspartnerin klären werden. Wenn wir die Verträge ändern, kann ich mir gut vorstellen, dass wir auch das der Öffentlichkeit mitteilen werden, schon um klarzumachen, dass wir es ernst meinen mit der Transparenz.
Was werden Sie korrigieren – die Einflussnahme bei Berufungsvereinbarungen?
Genau, ein Vetorecht bei Berufungsvereinbarungen war nicht intendiert und hat in den Verträgen mit der Boehringer Ingelheim Stiftung nichts verloren. Bei den Ausführungen zur Öffentlichkeitsarbeit müssen wissenschaftliche Veröffentlichungen von einer Zustimmung der Stiftung ausgenommen werden. So wie das die ganze Zeit bereits gelebt wird.
Stehen noch andere Verträge auf dem Prüfstand?
Wir haben keine anderen Verträge dieser Art. Was die Transparenz oder die Veröffentlichung von Verträgen betrifft, kann ich mir gut vorstellen, dass wir genauer hinschauen, dass Formulierungen unmissverständlich sind. Und dann spricht auch nichts dagegen, dass man Verträge der Öffentlichkeit oder Journalisten in Zukunft offenlegt.
Der Öffentlichkeit oder nur Journalisten?
Das muss im Einzelfall entschieden werden.
Die Universität Frankfurt hat seit 2008 einen Kodex zur Einwerbung privater Mittel. Ablehnungsgrund ist unter anderem, wenn „der Geldgeber die Entscheidungskompetenz hinsichtlich der Besetzung von Stellen oder der Veröffentlichung von Forschungsergebnissen für sich beansprucht“. Könnte das ein Vorbild sein?
Das könnte sehr wohl ein Vorbild sein. Wir arbeiten mit der Goethe-Universität ohnehin eng zusammen. Ein entsprechender Kodex liegt schon seit einiger Zeit auf meinem Schreibtisch, und ich kann mir gut vorstellen, dass unser Senat im nächsten Semester einen solchen verabschieden wird.
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