Unionbusting bei Tesla: Unheilbare Gewerkschaftsphobie

Der Konzern droht Mit­ar­bei­te­r:in­nen mit Kündigung, weil sie IG-Metall Aufkleber im Werk angebracht haben. Das offenbart eine irrationale Angst.

Elon Musk, Tesla-Chef, nimmt an der Eröffnung der Tesla-Fabrik Berlin Brandenburg teil.

Mag Autos, aber keine Gewerkschaften: Tesla-CEO Elon Musk bei der Eröffnung der Gigafactory 2022 Foto: dpa / Patrick Pleul

GRÜNHEIDE taz | Ist es möglich, dass Unternehmen auch psychische Störungen entwickeln können? Immerhin handelt es sich ja um juristische Personen, die, wie gewöhnliche Menschen auch, Rechte und Pflichten haben. Warum sollten sie nicht auch mal einen Knacks haben?

Es wäre zumindest eine geeignete Erklärung für das jüngste Verhalten des US-Autobauers Tesla, der eine regelrechte Gewerkschaftsphobie entwickelt zu haben scheint. So drohte die Werksleitung der „Gigafactory“ im brandenburgischen Grünheide mehreren gewerkschaftlich organisierten Angestellten mit der fristlosen Kündigung, wie Springers Wirtschaftsmagazin Business Insider am Freitag berichtete. Der Grund: Sie sollen Sticker im Werk geklebt haben, mit Aufschriften wie „Unsere Gesundheit ist wichtiger als die nächste Milliarde für Elon“ oder „unsere Sicherheit ist wichtiger als der nächste Produktionsrekord“.

Mit den Aufklebern wollte die Gewerkschaft auf Missstände bei den Arbeitsbedingungen aufmerksam machen, erklärt IG-Metall-Sprecher Markus Sievers: „Es gibt immer wieder Probleme mit zu langen Arbeitszeiten und Sonderschichten.“ Darauf hinzuweisen, sei das Recht der Gewerkschaften, die Drohung des Managements halte er für eine Überreaktion, zumal es sich bei den Aufklebern um leicht entfernbare magnetische Sticker handelte. Dass eine solche Kündigung vor einem Arbeitsgericht bestand hätte, gilt als unwahrscheinlich.

Jessica Reisner von der Aktion Arbeitsunrecht vermutet, Tesla wolle im Vorfeld der Betriebsratwahlen im kommenden Jahr schon einmal Ge­werk­schaft­e­r:in­nen einschüchtern. „Es zeugt von zutiefst antidemokratischem Geist, selbst bei kleinsten Unregelmäßigkeiten zu den gröbsten Mitteln zu greifen“, sagt Reisner.

Mittelfristig dumm

Dass insbesondere Tesla-Chef Elon Musk Gewerkschaften fürchtet wie der Teufel des Weihwasser, ist kein Geheimnis. Auch in Grünheide reiht sich der jüngste Einschüchterungsversuch nahtlos in die Bemühungen des Konzerns ein, jegliche Form gewerkschaftlicher Organisation zu verhindern. So erfolgte die erste Betriebsratswahl im März vergangen Jahres zu einem Zeitpunkt, als noch kaum Ar­bei­te­r:in­nen in der Fabrik angestellt waren – die Mehrheit im Betriebsrat wird daher zurzeit von arbeitgebernahen Kandidaten aus den Managementebenen gestellt.Mittelfristig dumm

Auch wenn es zunächst einmal aus Konzernsicht rational erscheint, keine Tariflöhne zahlen oder menschenfreundliche Arbeitszeiten anbieten zu müssen – mittelfristig schadet sich Tesla mit seiner Gewerkschaftsphobie nur selbst. Denn nach wie vor hat das Unternehmen Schwierigkeiten, genügend Fachkräfte einzustellen; die eigenen Produktionsziele mussten zuletzt deutlich heruntergefahren werden.

Aber wie so oft bei irrationalen Ängsten helfen die besten Argumente nicht weiter – sondern nur die Konfrontation.

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