Union nach der Wahl: Die Angst vor der eigenen Basis
Die CDU beruft doch einen Sonderparteitag ein. Und während der Parteichef einen Arbeitskreis die Wahl aufarbeiten lassen will, fordern andere eine Mitgliederbefragung
Nach dem Wahldebakel muss sich CDU-Parteichef Thomas Röwekamp möglicherweise einer Mitgliederbefragung stellen. In der Partei mehren sich inzwischen die Stimmen, die genau dies fordern. Beschlossen werden könnte das auf dem Sonderparteitag am kommenden Donnerstag. Den zumindest hat der Landesvorstand der CDU am Montagabend nach fast fünfstündiger Debatte einberufen.
Die offizielle Linie ist zunächst aber eine andere: Nach Röwekamps Willen soll jetzt ein "Landesfachausschuss" eingesetzt werden, um mehrere Monate lang das Wahlergebnis aufzuarbeiten. Dieses Gremium wäre auch für Nicht-Mitglieder offen und könnte aus bis zu 25 Personen bestehen. Aber nur aus solchen, die keine führenden Ämter und Funktionen in der Partei ausüben - damit sie nicht in die Verlegenheit kommen, ihre eigene Arbeit bewerten zu müssen.
Einigen geht das nicht weit genug. Wedige von der Schulenburg, der Chef der Senioren-Union, gehört neben Ex-Senator Jens Eckhoff zu jenen, die in diesen Tagen offen Röwekamps Rücktritt fordern. Gerade altgediente Mitglieder hatten sich zuletzt mit deutlicher Kritik am Parteichef zu Wort gemeldet, Ex-Bürgermeister Hartmut Perschau etwa, Ehrenbürger Bernd Hockemeyer oder Ex-Wirtschaftssenator Josef Hattig. Ein anderes langjähriges Mitglied wird mit dem Satz zitiert: "Ich schäme mich, in der CDU zu sein."
"Ich bin in Sorge um die CDU", sagt Elisabeth Motschmann. Ansonsten wollen sich jene, die nun in der neuen CDU-Fraktion sitzen, aber vielfach nicht öffentlich äußern. "Viele in der Partei haben die geballte Faust in der Tasche", sagt Schulenburg, "aber sagen nichts." Und Röwekamp? Unter der Hand wird ihm in Fraktionskreisen immer wieder "Angst vor der Presse" attestiert. Ob er sich mit zu vielen Ja-Sagern umgeben habe? "Das könnte man so sehen", so Schulenburg. Kritiker seien ausgegrenzt worden, sagt er, selbst auf den Rat der Älteren habe die Parteispitze vielfach verzichtet.
Schulenburg gehört wie auch Eckhoff zu jenen, die nun eine Mitgliederbefragung unterstützen. Die Idee: Der künftige Parteichef könnte in einer Art Urwahl von der Basis bestimmt werden. Das heißt: Auch Röwekamp könnte wieder antreten, aber eben auch andere. In Hamburg habe die CDU damit gute Erfahrungen gemacht, heißt es immer wieder, dort haben sich acht KandidatInnen zur Wahl gestellt, auch in Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg gab es in der CDU ähnliche Verfahren.
Bleibt die Frage, wer in einer Mitgliederbefragung gegen Thomas Röwekamp antreten würde. Zu den Namen, die immer wieder genannt werden, gehört der von Ex-Wirtschaftssenator Jörg Kastendiek. Und Jens Eckhoff, der eine Kandidatur zumindest nicht ausschließen will. Auch Frauen werden immer wieder ins Spiel gebracht.
Das Röwekamp auf dem Parteitag abgewählt wird, ist sehr unwahrscheinlich: Dazu bedürfte es einer Zwei-Drittel-Mehrheit. Eine Mitgliederbefragung hingegen könnte noch vor der Sommerpause stattfinden. Oder aber erst im nächsten Jahr - "wenn Röwekamp keine Konsequenzen zieht", sagt Eckhoff.
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