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Archiv-Artikel

Union heizt schon an

Spätestens wenn der Koalitionsvertrag unterzeichnet ist, geht der Streit um die Atompolitik in die neue Runde

BERLIN taz ■ Greenpeace hat gestern den ganzen Müll zur SPD gebracht: Mit 300 Atommüllfässern protestierten die Umweltschützer beim SPD-Parteitag in Karlsruhe gegen Gorleben als Standort für das nationale Endlager. „Nur die Suche nach einem alternativen Endlager kann verhindern, dass der unsichere Standort Gorleben faktisch zementiert wird“, erklärte Greenpeace-Atomexperte Thomas Breuer. Vor allem müsse die SPD-Landesverbände ihren designierten Umweltminister Sigmar Gabriel bei diesem Vorhaben geschlossen unterstützen.

Unterstützung wird Gabriel auch in anderer Hinsicht brauchen: Baden-Württembergs Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) will in zwei bis drei Jahren einen neuen Vorstoß für längere Laufzeiten von Atomkraftwerken unternehmen. Aus dem Ringen um einen Koalitionsvertrag hatten die Verhandler von SPD und CDU den Atomkonsens herausgehalten – und das, obwohl SPD-Politiker immer wieder erklärt hatten, nur mit dem Konsens eine große Koalition bilden zu wollen. Im Koalitionsvertrag steht jetzt: „Zwischen CDU, CSU und SPD bestehen hinsichtlich der Nutzung der Kernenergie unterschiedliche Auffasungen.“ Bedeutet: Spätestens wenn der Koalitionsvertrag unterschrieben ist, geht der Streit in eine neue Runde.

Oettinger heizte gestern schon mal an: „Mit der Abschaltung des ersten Blocks in Neckarwestheim wird eine beträchtliche Lücke in der Energieversorgung Deutschlands entstehen. Block I, der 1976 in Betrieb ging, verfügt über eine nominelle Leistung von 741 Megawatt. Oettinger als Prophet: „Es wird sich zeigen, dass in zwei bis drei Jahren der Zubau umweltfreundlicher Energie in der Dimension, wie es die Abschaltung von Neckarwestheim I nötig machen würde, nicht gelingen kann.“

Derweil bereitet sich das Wendland auf den nächsten Castor vor: Der wird voraussichtlich am Samstag in der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague starten und in einer Woche in Gorleben eintreffen. Rund 10.000 Polizisten werden den Transport in Niedersachsen sichern, erklärte Polizeieinsatzleiter Friedrich Niehörster gestern: „Wir erwarten Blockade und Sabotage in kleinerem Stil.“ Die Anti-AKW-Bewegung schätzt, dass bis zu 5.000 Demonstranten sich quer stellen werden. „Wir haben allen Grund zur Sorge: Merkel ist bereits als Umweltministerin lax mit dem Thema Atom umgegangen“, so Francis Althoff von der BI Lüchow-Dannenberg. Im Koalitionsvertrag steht zur Endlager-Suche lediglich: „Wir beabsichtigen, in dieser Legislatur zu einer Lösung zu kommen.“ NICK REIMER