: Uniform statt Uni
Kürzungen im Hochschulbereich: Bis zu 1.000 Stellen in der Lehre sowie Forschungskapazitäten und Studienplätze in Niedersachsen bedroht
aus HannoverKAI SCHÖNEBERG
„Das mache ich nicht mit!“ Mit Rücktritt soll er gedroht haben – und dann ist Niedersachsens Wissenschaftsminister Lutz Stratmann (CDU) doch eingeknickt. Solange sich die Universität Hannover eine Alm leisten könne, die früher der Skisportlerin Rosi Mittermaier gehörte, könne es um die Hochschulen im Lande nicht so schlecht bestellt sein, hatte Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) gepoltert – und so Kollege Stratmann gut 40 Millionen Euro von seinem Hochschuletat 2004 abgezwackt. Zugegebenermaßen ist das nur ein Bruchteil der rund 1,5 Milliarden Euro, die alle Ressorts im kommenden Jahr abliefern müssen. Aber: Die Hochschul-Lobby ist groß – wie der Aufschrei der Empörung.
So groß, dass Stratmann jetzt wieder in die Zange genommen wird: Als Buhmann der von den Kürzungen bedrohten Hochschulen. Schon vor dem niedersächsischen Sparkonzert hatte die Uni Göttingen in Regionalzeitungen halbseitige Anzeigen geschaltet, auf denen sie vor Einschnitten warnte – hübsch garniert mit den Unterschriften Göttinger Nobelpreisträger. Jetzt polterte SPD-Fraktionschef Sigmar Gabriel, es sei „schlichter Unsinn“ und „verwegen“, die Zukunft des Landes mit den Kürzungen aufs Spiel zu setzen.
„Während Stratmann fast kahl rasiert wird, kommt der Innenminister relativ ungeschoren davon“, kritisierte der grüne Finanzexperte Stefan Wenzel den unterdurchschnittlichen Sparbeitrag des Innenressorts. Das erhält im kommenden Jahr 1.000 zusätzliche Polizisten. Da sei es ein echtes Unding, wenn der Sparhammer Institute treffe, die zur Weltspitze gehören. Wenzel kurz und knapp: „Mehr Uni statt Uniformen.“
Die Landeshochschulkonferenz fürchtet, die geplanten Kürzungen bedeuteten für das kommende Jahr knapp 1.000 Hochschul-Stellen weniger – bei gleichzeitigem Abbau von Forschungskapazitäten und Studienplätzen. Die 40 Millionen Euro könnten nicht eingespart werden, „ohne den laufenden Betrieb in Forschung und Lehre zu gefährden“. Neuberufungen kämen im kommenden Jahr wohl nicht mehr in Frage.
Die Universität Osnabrück hat schon hochgerechnet: Zwischen 30 und 70 Stellen stünden zur Disposition. Die gefährdeten Stellen reichten vom Verwaltungspersonal über wissenschaftliche Mitarbeiter bis hin zu Dozentenjobs. Studiengangschließungen scheinen unumgänglich, heißt es aus Uni-Kreisen.
Der Osnabrücker Asta informiert bereits seit Ende vergangener Woche mit Handzetteln und Infoständen über die möglichen Ausmaße der Sparattacke. Slogan der Kampagne: „Der Letzte macht das Licht aus.“
Vom Asta der Universität Vechta war zu erfahren, dass sich die Einsparungen dort auf etwa zehn Dozentenstellen belaufen werden – was etwa fünf Prozent aller Stellen der Hochschule ausmacht. Auch das Studentenwerk Hannover hat schon knallhart kalkuliert – und droht jetzt mit Preiserhöhungen in den Mensen, weniger Rechts- und Sozialberatung sowie Kürzungen bei der Förderung ausländischer Studenten.