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Uni-ZukunftGundelach geht aufs Ganze

Hamburger Wissenschaftssenatorin legt sich auf Uni-Umzug auf den Kleinen Grasbrook fest und brüskiert damit Handelskammer, Koalitionspartner und Parteifreunde.

Sie will, dass er bald noch mal umzieht: Herlind Gundelach (CDU) und Uni-Präsident Dieter Lenzen. Bild: dpa

Krista Sager ist verärgert. Eine "sehr starke Manipulation" wirft die Grüne Hamburger Bundespolitikerin der Wissenschaftssenatorin Herlind Gundelach (CDU) im Konflikt um einen möglichen Umzug der Uni vor.

Sager reagiert damit auf einen Überraschungscoup Gundelachs: Zwei Stunden bevor der Wissenschaftsausschuss der Bürgerschaft am Montag über die Standort-Zukunft der Universität diskutieren sollte, hatte sich die Senatorin festgelegt. Sie argumentierte, dass die Vorschläge des Bezirks Eimsbüttel und der Handelskammer "planungsrechtliche Mängel" aufwiesen und "keine wirklichen Alternativen" böten. Deshalb lehnte sie den Erhalt und eine Erweiterung der Hochschule im Uni-Viertel Rotherbaum ab.

Im Ausschuss hatte Herlind Gundelach (CDU) dann nachgelegt: Nur auf dem Kleinen Grasbrook seien "Entwicklungsmöglichkeiten der Uni für die kommenden 100 Jahre gegeben". Die Komplettverlagerung, mindestens aber ein Teilumzug, sei daher zwingend notwendig. Damit verpasste die CDU-Senatorin dem grünen Koalitionspartner eine schallende Ohrfeige. Die GAL hatte sich unlängst festgelegt, die Uni in Eimsbüttel weiterentwickeln zu wollen. "Wie die Senatorin agiert, muss sie selber verantworten", grenzt sich nun die GAL-Hochschulexpertin Eva Gümbel von Gundelach ab.

Deren Alleingang löste selbst in den eigenen Reihen Kopfschütteln aus - brüskiert er doch auch die vorab nicht informierte CDU-Fraktion. "Wir als Regierungsfraktionen sind überrumpelt worden", sagte Fraktionsvize Wolfgang Beuß über das "unglückliche Verfahren" der Parteifreundin.

Noch deutlicher wurden Handelskammer und Bezirksamt, deren Studien Gundelach handstreichartig vom Tisch gefegt hatte. "Nicht nachvollziehbar" sei Gundelachs Bewertung, sagte Handelskammer-Präses Frank Horch und bemängelte, dass die Senatorin die Handelskammer-Vorschläge just von dem Architektenbüro prüfen ließ, das für "den Grasbrook-Vorschlag verantwortlich und damit befangen" sei. Genau diesen Punkt kritisierte auch Sager: "Es ist schon ziemlich dreist, wenn Gundelach nicht nur weiterhin auf Grundlage dieser unseriösen Studie plant, sondern deren Verfasser auch noch die Alternativvorschläge entsorgen lässt."

Eimsbüttels Bezirksamtschef Jürgen Mantell (SPD) findet es derweil nicht nur "ärgerlich, wie die Behörde mit unseren Vorschlägen umgeht", sondern spricht dieser jede Kompetenz ab. "Die haben unsere Stellungnahmen gar nicht verstanden."

Brüskiert dürfte auch der frisch gekürte Uni-Präsident Dieter Lenzen sein, der sich für einen Verbleib der Uni am Rotherbaum stark gemacht hatte. "Die Uni muss letztendlich entscheiden, wo sie ihre Entwicklungsmöglichkeiten sieht", sagte GAL-Hochschulexpertin Eva Gümbel über die Vorfestlegung.

Allein Oberbaudirektor Jörn Walter steht der Senatorin noch bei und preist die Chancen der Uni nach einem Umzug. Die Opposition hingegen nimmt Gundelach ins Visier. "Die Senatorin verrennt sich - Gegenargumente scheinen sie nicht zu interessieren", sagt SPD-Hochschulexpertin Dorothee Stapelfeldt. Und die Fraktionschefin der Linken, Dora Heyenn, ergänzt: "Es ist eine Unverfrorenheit, wie uns die Festlegung der Senatorin auf den Standort Kleiner Grasbrook im Ausschuss untergejubelt wurde."

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2 Kommentare

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  • K
    Klaus

    Die gesamte Hafencity ist ein lebloses Stahl-Glas-"Industrie"gebiet. Insofern muss jede Gestaltung und zukunftsträchtige Ausrichtung der Universität sich auf ihren Verbleib in Eimsbüttel beziehen. In der Hafencity gibt es NICHTS, aber mal rein absolut gar nichts, was in irgendeiner Form Atttraktivität für Wissenschaftler, Studenten oder Bürger mit "normalem" oder auch ohne Einkommen ausstrahlt.

  • J
    Justus

    So sehr der Campus am Grindel auch Charme versprüht, die städtebauliche Chance, mit dem Umzug Hamburgs Mitte gen Süden zu verlagern und als Millionenstadt den Sprung zu wagen, darf nicht vertan werden. Jetzt sollte lieber die Gestaltung der neuen Uni ins Zentrum der Diskussionen kommen, damit Hamburgs neuer Campus nicht den Charme eines leblosen Industriegebiets bekommt. Hamburg kommt in die Gänge - und das ist gut so.