Uni I: Besetzer sind am Ende
Nach elf Tagen verlassen die BesetzerInnen das Audimax der TU - aus schierem Personalmangel. An den anderen Unis sind die Hörsäle weiter in Studentenhand.
Vor dem Audimax der Technischen Universität (TU) prangt die Forderung: "So gehts doch nicht weiter." Es ist ein Hilferuf der Studierenden, die unter den Anforderungen des Bachelorsystems leiden. Es klingt aber auch nach einer Kritik an der geringen Beteiligung an der Hörsaal-Besetzung. Seit gestern Mittag ist es eine Feststellung. Die BesetzerInnen haben das Audimax nach elf Tagen geräumt.
"Hier gibt es 1.300 Sitzplätze. Es war ja klar, dass die nicht alle besetzt werden", entschuldigt Erik Marquardt das Ende der Besetzung, an der sich im Schnitt etwa 150 Studierende beteiligt haben. Über den Grund kann der Astareferent nur mutmaßen: Die Basisdemokratie an der TU, die in den Plena zu langwierigen Diskussionen geführt habe. Die anderen Berliner Unis hätten dagegen hierarchische Strukturen in ihren Sitzungen gehabt. "Vielleicht haben wir uns zu sehr darauf konzentriert, Forderungen aufzustellen, anstatt mehr Leute zu mobilisieren." Doch Marquardt sieht auch Erfolge: "Wir haben unseren Teil dazu beigetragen, dass unsere Probleme einer breiten Masse vermittelt wurden." Nun wolle man zur bundesweiten Bildungsstreikwoche Anfang Dezember einen neuen Anlauf nehmen und mehr Studierende zum Mitmachen bewegen.
Im besetzten Hörsaal 1a der Freien Universität (FU) war das nahende Ende des TU-Streiks schon länger bekannt. "Wir haben die inoffizielle Meldung schon am Wochenende bekommen", erzählt Vanessa Ebenfeld von der dortigen Presse-AG. Nach ihren Informationen hätten die Streikenden bemängelt, dass sich seit Jahren immer die gleichen Leute beteiligten und ihre Gruppe nie gewachsen sei. Auch im FU-Plenum sei eine freiwillige Räumung schon Thema gewesen: "Aber wir brauchen den Saal als Druckmittel, Büro und Wohnzimmer. Wir bleiben."
An der Humboldt-Universität (HU) ist die Meldung von der geplatzten TU-Besetzung erst am Montagmittag angekommen. "Das höre ich zum ersten Mal. Das ist schade, hat aber keine Auswirkung auf unsere Besetzung", erklärt Gerrit Aust vom Asta der HU. "Unser Präsident hat gesagt, dass wir so lange bleiben dürfen, wie wir wollen." Über mangelnde Beteiligung an der Besetzung können sich die HU-Studierenden nicht beklagen. Seit vergangener Woche habe sich die Teilnehmerzahl in den Arbeitsgruppen verdoppelt, berichtet Aust.
Im TU-Audimax kehrt derweil wieder der Uni-Alltag ein. In den hintersten Stuhlreihen sitzen rund 30 Personen gebeugt über ihren Laptops und machen Hausaufgaben. Auf der Bühne räumen die verbliebenen zehn BesetzerInnen die Überreste des Bildungsstreiks auf. Über das Ende wollen sie nicht reden, verteilen nur eine Erklärung: "Wir kommen wieder - wer kommt mit?", lautet die trotzige Überschrift. Der Tatendrang, der zu Beginn der Besetzung vor knapp zwei Wochen spürbar war, ist weg. Wie die Transparente, die jetzt in Umzugskartons verstaut werden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Wahlprogramm der Union
Scharfe Asylpolitik und Steuersenkungen
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Neue israelische Angriffe auf Damaskus
Scholz stellt Vertrauensfrage
Traut mir nicht
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Russlands Nachschub im Ukraine-Krieg
Zu viele Vaterlandshelden