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Archiv-Artikel

(Un)heimliche Asse-Allianz

STRAHLUNG AKW-Betreiber sorgten dafür, dass im Atommülllager Sicherheitsstandards gesenkt wurden

Die Energiekonzerne haben in den 70er Jahren mit Erfolg massiven Druck auf den damaligen Asse-Betreiber GSF ausgeübt – ihr Ziel: eine Aufweichung der Sicherheitsstandards für die Einlagerung radioaktiver Abfälle. So durften von den AKW-Betreibern angelieferte Fässer ab Dezember 1975 fünfmal mehr Radioaktivität abgeben als ursprünglich vorgesehen. Das belegen Schriftwechsel zwischen Stromkonzernen, GSF und dem Bundesinnenministerium, Kopien liegen der taz vor.

Den Konzernen stand der Atommüll schon damals bis zum Hals. Die Asse war offenbar die einzige Möglichkeit, den schwach- und mittelradioaktiven Müll billig zu entsorgen. Der von den Energieunternehmen gegründete „Betreiberausschuss Transport und Einlagerung radioaktiver Rückstände“ forderte am 9. Dezember 1974, „die Fassaktivitäten in den vorläufigen Einlagerungsbedingungen für schwachaktive Abfälle um mindestens den Faktor 5 zu erhöhen“.

Die Kernkraftwerk Philippsburg GmbH beklagte am 17. Februar 1975: Die „Einlagerungsbedingungen in Asse“ seien so, dass eine Ablieferung radioaktiver Rückstände „mit wirtschaftlich vertretbaren Mitteln nicht möglich ist“.

Ein knappes dreiviertel Jahr später hatte die GSF neue Bedingungen formuliert: Hatte zuvor die „Dosisleistung der Behälter“ an keiner Stelle der Oberfläche größer sein dürfen als 200 mrem/h (Millirem pro Stunde), konnten fortan in Ausnahmefällen „bis zu 10 Prozent der Behälter eines Transports mit einer Dosisleistung bis zu 1.000 mrem/h an einem beliebigen Punkt der Oberfläche“ angenommen werden.

„Es gab eine heimliche Allianz zwischen der Politik und den Atomkonzernen, sagt der Greenpeace-Atomexperte Heinz Smital. Um ein Entsorgungsproblem der Atomindustrie zu lösen, „wurde die Sicherheit der Bevölkerung aufs Spiel gesetzt“. Niedersachsens Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel forderte eine „klare Trennung zwischen staatlicher Verantwortung und Atomwirtschaft“. Die Rolle des Ex-Asse-Betreibers GSF werde „immer obskurer“. REIMAR PAUL