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Unglück in GöttingenWeltkriegsbombe tötet drei Menschen

Explosion statt Entschärfung: In Göttingen wurden bei der Bergung eines Blindgängers aus dem Zweiten Weltkrieg drei Menschen getötet, zwei weitere schwer verletzt.

Kurz nach der tödlichen Explosion: Rettungskräfte auf dem Schützenplatz in Göttingen. Bild: dpa

GÖTTINGEN apn | Bei der Entschärfung eines 65 Jahre alten Blindgängers aus dem Zweiten Weltkrieg sind am Dienstagabend in Göttingen drei Mitarbeiter des Kampfmittelräumdienstes getötet worden. Zwei weitere wurden schwer und vier leicht verletzt, wie Stadt und Feuerwehr berichteten. Die Experten hatten den Angaben zufolge Vorbereitungen für die Entschärfung der Zehn-Zentner-Bombe getroffen. Eine großangelegte Evakuierung der Bevölkerung lief während der Explosion noch.

Die Schwerverletzten schweben nach Angaben der Uniklinik Göttingen nicht in Lebensgefahr, die Leichtverletzten wurden vor Ort versorgt. Der 500 Kilogramm schwere Sprengkörper detonierte kurz nach halb zehn Uhr auf dem Schützenplatz der Universitätsstadt, auf dem derzeit eine Sportarena gebaut wird. Bei den Bauarbeiten war die Bombe in sieben Metern Tiefe entdeckt worden.

Der Blindgänger sollte nach einer groß angelegten Evakuierung der Anwohner entschärft werden. Mehrere hundert Feuerwehrleute, Polizisten sowie Rettungs- und Hilfsdienstmitarbeiter sollten rund 7.200 Menschen in einem Umkreis von 1.000 Metern rund um den Fundort evakuieren. Stadtsprecher Detlef Johannson teilte mit, die Evakuierung sei noch im Gang gewesen, als die Bombe explodierte. Die Kampfmittel-Experten hätten Vorarbeiten zur Abtrennung des Zünders eingeleitet, jedoch noch nicht an der Bombe selbst gearbeitet.

Die Ursache der tödlichen Explosion ist noch unklar. Es handle sich wahrscheinlich um einen Unglücksfall, sagte ein Polizeisprecher am Mittwochmorgen. Eine gesperrte ICE-Strecke wurde bereits kurz nach 00.30 Uhr wieder freigegeben. Schäden an Gebäuden in dem Stadtgebiet wurden nicht bekannt.

Die Unglücksbombe war bereits der zweite Blindgänger, der binnen weniger Tage in Göttingen gefunden wurde. Auf dem Schützenplatz war bereits in der Nacht zum vergangenem Freitag eine ebenfalls zehn Zentner schwere Bombe entschärft worden. Dabei mussten 5.000 Bürger ihre Wohnungen verlassen. Auch der Göttinger Hauptbahnhof wurde dafür geräumt. Die Entschärfung verlief planmäßig.

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7 Kommentare

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  • K
    Karl

    @ Ferdi

     

    Allgemein wird bei "Stahlsprengungen" ein Sicherheitsabstand von 1000 m gewählt, was keineswegs eine Garantie dafür ist das bei 1001 m absolute Sicherheit herrscht.

     

    Die aufgefundene SAP 1000 lbs ist kontruktionsbedingt teilweise sehr starkwandig; bei schlechter Umsetzung der Wirkladung können sich dann schon einzelne Wurfstücke sehr großer Masse (und von erheblicher Flugweite) bilden. Das ist weder lustig noch harmlos; 1990 verstaben zwei Mitarbeiter des hess. KRD bei dem Versuch in Wetzlar einen Blindgänger gleichen Typs mit einem M125 Zünder zu entschärfen!

     

    Mein Beileid an die vom Unglück Betroffenen.

     

    Karl

  • B
    Blue

    @Ferdi Schmiedl

    Tolle Verschwörungstheorie....

    in 700 m Entfernung ist ein 7 kg Bombensplitter in ein Kinderzimmer eingeschlagen. Die Bewohner der Wohnung waren zum Glück nicht dort.

    Soviel zu 'unnötigen' Evakuierungen....

    und den dämlichen Kommentaren, die sich die Helfer bei den Evakuierungen anhören müssen. Anscheinend haben Sie selbst nach diesem tragischen Unglück nichts gelernt.

    Mein tiefstes Beileid an die Angehörigen der getöteten Menschen.

  • S
    Struppi

    @Gerd:

    Würdest du bitte aufhören die Verbrechen vom Dritten Reich an der Welt mit dem Widerstand der Angegriffenen zu relativieren! Ich empfinde es unter aller Sau, wenn man versucht die Gräueltatten der Faschisten abzumildern, indem man den Verteidigern vorwirft sinnlos gemordet zu haben.

    Es war Krieg (!), ein Wort, das man sich mal durch den Kopf gehen lassen sollte. Zahlreiche Denkmäler stehen nicht als Vogeltränken, sondern als "Denk mal [nach]!" für folgende Generationen in der Landschaft.

    Übrigens hat Frankreich auch heute noch mit zahlreichen Gasgranaten im Erdreich zu kämpfen, die wir im I.WK hinterlassen haben. Und diese verströmen kontinuierlich ihr Gift an das Erdreich und an die Lebensmittel bis heute.

     

    Im Übrigen ist es den Angehörigen der Verstorbenen gegenüber mehr als widerlich, den Tod der Mitarbeiter des Kampfmittelräumdienstes auf Kriegsverbrechen zwischen dem Dritten Reich und den Alliierten zu reduzieren!

  • FS
    Ferdi Schmiedl

    Mein Beileid den Opfern und Angehörigen.

    Andererseits zeigt sich wieder einmal, dass großflächige Evakuierungen ganzer Landstriche im Vorfeld einer Bombenräumung nur getarnte Katastrophenübungen sind; es ist im Fall einer "gefährlichen" Bombenräumung - wenn überhaupt - nur geringer Widerstand der Bewohner zu brechen. Wahrscheinlich werden ganz andere Szenarien geübt!?

    Niemand, der nicht in unmittelbarer Nähe der Unglücksstelle war, ist zu Schaden gekommen! Logisch.

  • G
    Gerd

    Mein Beleid den Opfern und ihrer Familie.

     

     

    @Trauer: Das die teilweise sinnlose Bombadierung Deutscher Städte auch ein Kriegsverbrechen ist kommt ihnen nicht in den Sinn?

  • JB
    Jörg Brockmann

    Ich habe die Detonation noch in 5 km Entfernung in meiner Wohnung gehört. Schlimm wie Krieg auch noch 65 Jahre später nachwirkt. Mein Beileid gilt den getöteten und verletzten Menschen und ihren Angehörigen.

  • T
    Trauer

    Das tut mir Leid. Mein herzliches Beileid an die Angehörigen der Opfer. Die Toten sind späte Opfer des deutschen Angriffkrieges 1939 bis 1945.