: „Ungeschminkt“ braucht Farbe
■ Sonntags im DFF: Frauenjournal / Löbliches Anliegen / Wo blieb die journalistische Hartnäckigkeit?
Ein Frauenmagazin nun auch im Deutschen Fernsehfunk, nachdem Für Dich, DT 64 mit Lila Stunde und andere versprochen haben, sich um die Gleichstellung nach der lange proklamierten Gleichberechtigung zu kümmern.
Ungeschminkt erlebte seine Premiere am vergangenen Sonntag. Alle vier Wochen ist es im ersten Programm des DFF zu sehen, 45 Minuten lang. Moderatorin Bärbel Romanowski verzichtete auf jeglichen einführenden Text. Über das Anliegen kann man nur mutmaßen, dem Titel folgend: endlich ein Journal, das sich den Problemen von Frauen hierzulande, nun bedrohlicher als vorher, widmet?
Zu sehen war Ungeschminktes. Man ging in Halle dem Stellenangebot einer Frau nach, die allerdings auf Geschlechtsgenossinnen mit Kindern keinen Wert legte. Reporterinnen fuhren in den Betrieb Narva, der fast ausschließlich Frauen beschäftigt. Sie sind es, die um ihre Arbeitsplätze fürchten müssen, wenn nun Osram Konkurrenz -Druck macht. Und man befragte Mitarbeiterinnen aus dem Modeinstitut, die durch „Umstrukturierung“ bereits auf der Straße liegen.
Zwar wurde über die sozialen Probleme ausführlich berichtet, zwar versuchte man, zu den Ursachen vorzudringen, auf Auswege hinzuweisen - allerdings ohne die notwendige journalistische Konsequenz. „Die Leiterin hatte uns das Interview zugesagt, doch dann bekamen wir keine Drehgenehmigung.“ Eine wenig befriedigende Erklärung nach dem Muster: Wir sind zwar nicht so gut, wie wir wollen, aber vielleicht mögen Sie uns trotzdem ein bißchen.
Und auch, wenn man sich Ungeschminkt nennt, wäre dem Journal mehr Farbe zu wünschen; in der Wahl der Genres (Schema: Bericht-Umfrage-Gespräch, kein Feuilleton, kein Porträt), der Mittel (immer bloß Statements), der Handschriften.
Warum eigentlich das alles in einem „Frauenjournal“? Klartext und Prisma decken den Themenbereich Soziales im Umbruch und Abstieg - durchaus angemessen ab. Wo ist über die Schilderung von Frauen-Fällen mit - zugegeben solidarischem Blick hinaus die spezifisch weibliche Sicht dieses Magazins? Auf die ist der Zuschauer doch bei solch vielversprechendem Titel am ehesten gespannt.
Wollen die Macherinnen von vornherein ihre frauliche Seite verstecken, um nicht in die Feministinnenecke gedrückt zu werden? Verständlich angesichts verbreiteter Vorurteile, aber hilfreich nicht. Weder die ausdrücklichen Feministin noch die Frauen, die vielleicht neugierig-mißtrauisch 'reinschnuppern wollten, noch möglicherweise sympathisierende Männer sind so als Zuschauer für die nächste Sendung zu gewinnen.
Das assoziationsreiche „sich bedeckt halten“ paßt ohnehin besser auf Politiker. Die engagierten Journalistinnen dieses Magazins könnten drauf verzichten.
Agnes Sauer
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