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Ungarns umstrittene VerfassungsreformEU-Kommission leitet Verfahren ein

Die Kommission der Europäischen Union hat jetzt offiziell ein Verfahren gegen Mitgliedsstaat Ungarn eingeleitet. Erfolgt kein Umdenken, drohen dem Land empfindliche Geldstrafen.

Auch viele Ungarn gingen auf die Straße, um die Verfassungsänderung zu verhindern. Bild: dapd

BUDAPEST rtr/dapd | Die EU will Ungarn notfalls vor Gericht zur Einhaltung demokratischer Grundsätze im europäischen Recht zwingen. Die EU-Kommission eröffnete am Dienstag wie erwartet gleich mehrere Verfahren wegen des Verstoßes gegen EU-Recht. Dies betreffe die Unabhängigkeit der Zentralbank und der Datenschutzbehörde sowie das Pensionsalter von Richtern, erklärte EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso nach der Sitzung des Kollegiums in Straßburg.

Die Regierung in Budapest hatte in dem seit Wochen schwelenden Streit über die jüngste Verfassungsreform die von Brüssel geforderten Änderungen an den entsprechenden Gesetzen nicht vorgenommen. Nach Befürchtung der EU-Behörde wird die Unabhängigkeit der drei Institutionen gegenüber dem Staat nicht gewährleistet.

Bei Vertragsverletzungsverfahren haben die Mitgliedstaaten einige Monate Zeit, die Änderung beanstandeter Gesetze in Angriff zu nehmen. Im Fall Ungarns verkürzte die Kommission die erste Frist EU-Kreisen zufolge auf einen Monat.

Erhält Brüssel keine zufriedenstellenden Antworten aus Ungarn, dann droht eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof. Und der könnte hohe Geldstrafen gegen das schon vor der Pleite stehende Land verhängen.

Die EU setzt Ungarn nicht nur rechtlich, sondern auch jetzt schon finanziell unter Druck. Das krisengeplagte Land hat vor zwei Monaten Finanzhilfe von der EU beantragt. Die Kommission und der Internationale Währungsfonds hatten die Verhandlungen darüber wegen des Streits über die Zentralbank abgebrochen.

Sie würden nur wieder aufgenommen, wenn das Notenbankgesetz geändert werde, erklärte die Kommission.

Am Mittwoch wird sich auch das Europaparlament mit Ungarn beschäftigen. Ungarn Regierungschef Victor Orban kündigte an, persönlich an der Debatte in Straßburg teilzunehmen zu wollen.

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4 Kommentare

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  • DH
    Demokratiesorgen? Hahahaha

    Das Demokratiegelaber ist verlogen. Es gibt nichts undemokratischeres als die EU. Diesmal kommt aber von rechts etwas das es von links schon lange gibt. Meinungsfreiheit wird von Linken mit gummiartigen Volksverhetzungsparagrafen, Redeverboten und Einsatz von Schlägertrupps verboten. Man will damit Leute wie Sarrazin stoppen. An ihm konnte man das Verständnis vonRedefreiheit und Demokratie gut sehen. Wie gerne hätte man ihn eingesperrt oder gesetzlich den Mund verboten. Die ersten Versuche gab es und nun wird an entsprechenden Paragrafen gearbeitet. Die Verfassung wird dabei mit Füßen getreten. Da ist man in "der EU" in der es seit dem schweizer Volksentscheid zu Minaretten plötzlich besser doch nicht die geplanten Volksabstimmungen geben soll, natürlich sehr um "Demokratie" in Ungarn besorgt. Gäbe es in Europa Demokratie, dann wären die "Errungenschaften" der Altlinken genauso weg wie in Ungarn. In Ungarn mag vieles falsch sein, es viel zu verändern geben, ganz sicher aber nicht durch "die EU", den politisch korrekten Knüppel der altlinken Besserwisser. In Deutschland tummeln sich dank der 5ten Kolonne in den Medien die Mörder der SED wieder in den meisten Parlamenten. Die Toten sind medial verschwunden, die Parolen die alten. Da soll ich mir als Deutscher Sorgen um Ungarn machen? Wohl kaum. In Ungarn muß vieles besser werden, aber ganz bestimmt nicht durch die paar Altkommunisten die jetzt um ihre Medienmacht schreien und ihre Gesinnungsgenossen aus dem Westen um Feuerschutz bitten. In einer Zeitung in der die Massenmörder, Folterer und Diktatoren der SED heute mit ihren Westkollaborateuren unter "Linkspartei" mit gestohlenem Geld der Wende Anzeigen schalten in denen die Gulag-Sara einen angrient erwartet man natürlich weder Demokratie, noch Redefreiheit oder gar Einsicht.

  • V
    vic

    Was Demokratie ist, macht die EU am Umgang einer Regierung mit der Staatsbank fest. Bürgerrechte, Pressefreiheit und derartige Peanuts spielen dabei keine Rolle.

    Was soll`s. Money rules, und Capone wurde auch wegen Steuervergehen erledigt.

  • F
    Fordler

    "Gleich in drei Punkten sehen die EU-Vertragshüter die europäischen Regeln verletzt"

     

    EU Regeln werden doch täglich verletzt "No Bail Out", Anleihekäufe der EZB, ect.

     

    Wie wäre es mal mit einer Selbstanzeige?

  • HK
    Hardy Klag

    Na und? Wenn dann Ungarn die Geldstrafe nicht bezahlt??? Was dann? Will Europa letztendlich gegen Ungarn einen Krieg deswegen anfangen, um die Geldstrafe durchzusetzen? Das wollte ich sehr gerne mal wissen, wenn ein Staat dann einfach die Geldstrafe nicht bezahlt. Was bei Einzelpersonen noch durch polizeilichen Zwang durchsetzbar ist heisst noch lange nicht, das dies auch bei Staaten so geht.Eropa mach t noch solange, bis einzelne Staaten austreten.