Unerlaubte Telefonwerbung: "Alte frigide Schlampe"
Ein Jahr nach der Einführung eines Gesetzes, das Verbraucher vor ungemütlichen Anrufen schützen soll, zeigt eine Bilanz: Bußgelder und das Verbot unterdrückter Rufnummern helfen kaum.
STUTTGART taz | "Sie alte frigide Schlampe, seien Sie doch froh, dass Sie jemand anruft" -- Mit diesem Beispielzitat hat die Verbraucherzentrale am Mittwoch in Stuttgart verdeutlicht, wie ungemütlich Telefonwerbung sein kann -- insbesondere wenn sich die Angerufenen dagegen wehren. Im August 2009 war ein Gesetz eingeführt worden, das die Verbraucher vor derart nervigen Anrufen schützen sollte. Ein knappes Jahr später zeigt eine Bilanz der Verbraucherzentrale und des baden-württembergischen Verbraucherministeriums, dass das Gesetz zur Bekämpfung unerlaubter Telefonwerbung kaum Verbesserungen gebracht hat.
Die damalige Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD hatte mit dem Gesetz das Widerrufsrecht gestärkt, die Rufnummernunterdrückung verboten und Bußgelder bis zu 50.000 Euro gegen unerwünschte Telefonwerbung eingeführt.
Dennoch haben die Verbraucherzentralen allein innerhalb von vier Monaten über 40.000 Beschwerden gesammelt. Die meisten davon (gut 66 Prozent) zielen gegen den Bereich Gewinnspiel/Lotterie. Typisch dafür seien Anrufe, die für Gewinnspiele werben und dabei die Kontoverbindungen abfragen. Auch die Qualität der Anrufe nehme zu. So würden inzwischen Anrufautomaten auf Antworten der Verbraucher "reagieren". Verbraucher würden dadurch oft erst im Gesprächsverlauf merken, dass es sich um eine Bandansage handelt. Auch das Verbot der Rufnummernunterdrückung würde oft nicht beachtet.
Weitere Methoden der Firmen seien, sich selbst als Verbraucherschützer auszugeben oder die Angerufenen dazu zu bringen, mit "Ja" beispielsweise ihre Kontaktdaten zu bestätigen. Dieses "Ja" würde dann im Nachhinein als Bestätigung für den Vertragsabschluss ausgelegt.
"Wir haben es hier mit einem millionenfachen Betrug zu tun", sagte Gerd Billen von dem Bundesverband Verbraucherzentrale. "Das ist kein haltbarer Zustand". Hier müsse das Bundesjustizministerium aktiv werden, um die Verbraucher vor den Maschen zu schützen.
Ein einfaches Werkzeug ist in den Augen der Verbraucherschützer die sogenannte "Bestätigungslösung". In diesem Fall müssten Vertragsabschlüsse erst schriftlich von den Verbrauchern bestätigt werden. Erst dann dürfte auch das Geld eingezogen werden. Somit müssten nicht die Verbraucher von sich aus aktiv werden, um einen Vertrag zu widerrufen und ihr Geld zurückzubekommen.
Zusätzlich fordern die Verbraucherschützer, dass die Bußgelder auf bis zu 250.000 Euro erhöht werden und eine einmal getätigte Einwilligung für Werbung nicht lebenslänglich gilt, sondern beispielsweise nach einem Jahr erlischt.
Im Justizministerium hieß es dazu auf taz-Anfrage: "Wir evaluieren gerade selbst das Gesetz. Konkrete Pläne zur Veränderung gibt es noch nicht", so ein Sprecher.
Abgesehen von gesetzlichen Verschärfungen empfiehlt Verbraucherschützer Billen bei unerwünschten Anrufen: "Am besten einfach auflegen".
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