: Undifferenziert - betr.: "Glanz der Abwesenheit", taz vom 9.9.1996
Betr.: Milli-Görus-Versammlung: „Glanz der Abwesenheit“, taz hamburg vom 9.9.96
Manchmal würde ich mich doch über etwas mehr Hintergrundrecherche bei Euch freuen. Ihr berichtet über die Veranstaltung der Islamischen Gemeinschaft Milli Görus, als ob das ein völlig neutral oder gar positiv zu betrachtender Verein ist. Da muß man dann natürlich beklagen, daß sich die Hamburger Politik nicht blicken ließ. Leider laßt Ihr dabei außer acht, daß Milli Görus mitnichten so eine neutrale Vertretung islamisch-türkischer Interessen in Deutschland ist.
Die Organisation gilt als eng mit der islamistischen Refah-Partei des türkischen Ministerpräsidenten Erbakan verbunden. Der Name bedeutet „Nationale Sicherheit“ – selbst diese Information findet sich nicht in Eurem Artikel. Es gibt bei Milli Görus starke Tendenzen der Abschottung gegenüber der nicht-islamischen Mehrheit in Deutschland. Insofern hätte mich zumindest die Frage interessiert, ob das Nichterscheinen von ParteienvertreterInnen möglicherweise bewußt mit diesen Hintergründen zu tun hat.
Trotzdem wäre es zu diskutieren, inwieweit ein Dialog mit Milli Görus sinnvoll und notwendig ist. Nach meinen Erfahrungen gibt es dort nämlich durchaus Diskussions-bereitschaft. Aber der Kontakt sollte eben keineswegs kritiklos sein.
Herzliche Grüße
Thomas Mösch
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