Umweltzerstörung in Indonesien: Zement vertreibt Bauern
Tausende Bewohner der Provinz Zentraljava fürchten Umweltschäden wegen einer neuen Zementfabrik. Geplant wird sie von einer HeidelbergCement-Tochter.
JAKARTA taz | Arbeitsplätze und Entwicklung versprechen die deutschen Investoren. Doch im indonesischen Zentraljava protestieren immer mehr Anwohner gegen eine geplante Zementfabrik der Firma PT Sahabat Mulia Sakti. Das Unternehmen gehört zu Indocement, Indonesiens zweitgrößtem Zementhersteller, an dem die deutsche HeidelbergCement die Mehrheit hält.
Im Landkreis Pati will das Unternehmen bis 2015 ein Zementwerk mit einer Jahreskapazität von 2,5 Millionen Tonnen errichten. Momentan befindet sich das Projekt in der Genehmigungsphase. Für die Zementherstellung soll ein Karstgebirge abgebaut werden, dessen über 80 Quellen die Lebensgrundlage für die umliegenden Dörfer bilden. Das Kendeng-Gebirge erstreckt sich in Zentraljava über fünf Landkreise. Drei weitere Zementfabriken anderer Investoren sind dort ebenfalls geplant.
Mehrere tausend Anwohner trugen am 12. Dezember ihren Protest auf die Straßen der zentraljavanischen Provinzhauptstadt Semarang. Unter ihnen die 37-jährige Bäuerin Gunarti. „Wir leben seit Generationen vom Reisanbau. Die Fabrik wird unsere Lebensgrundlage zerstören“, sagte die dreifache Mutter zur taz. Ihr Dorf sei zerstritten, weil manche den Versprechen der Investoren glaubten, andere nicht. „Mit der Einigkeit ist es aus bei uns, der Streit zerreißt Familien. Diesen Schaden kann man nicht in Geld beziffern. Kein Investor gibt uns unseren Frieden zurück“, sagt Gunarti.
Die meisten Menschen in der Region sind Bauern. „Die Böden hier sind sehr fruchtbar“, sagt Mokh Sobirin, der im Auftrag der lokalen NGO Desantara die Anwohner in Pati unterstützt. Ursprünglich war in den Regelungen zur Raumplanung im Verwaltungsbezirk Pati vorgesehen, die Region als Landwirtschaftsgebiet zu fördern und den Tourismus auszubauen.
Zwei im Jahr 2010 erlassene Regelungen auf Provinz- und Distriktebene machten jedoch den Weg für Industrialisierung und Bergbau frei. „Diese Regelungen verstoßen gegen nationale Gesetze, in denen Karstgebiete als geologische Schutzzonen deklariert sind“, so Sobirin. Die Schäden, die ein Zementwerk in der Region anrichtete, hat Sobirin in einem Film dokumentiert.
Nachhaltige Lebensgrundlage aufgegeben
Schon einmal wurden den Anwohnern tausende Arbeitsplätze versprochen. Doch nur wenige kamen in der Zementfabrik unter. Im Gegenteil, nachdem die Bauern ihre Felder aufgegeben hatten, fehlte eine nachhaltige Lebensgrundlage. Zusätzlich waren sie täglich mit dem Staub konfrontiert, den die Schlote der Fabrik kilometerweit in die Landschaft schleuderten. Die Anwohner organisieren ihren Protest deshalb gemeinsam mit benachbarten Landkreisen, in denen ähnliche Investitionen anstehen.
Zudem droht die Zerstörung eines Kulturerbes. Der Kendeng-Karst sei eine wichtige archäologische Fundstelle“, sagt Sobirin. „Die Regierung sollte diesbezüglich detaillierte Untersuchungen durchführen und die Raumplanung entsprechend ausrichten, bevor der Karst unwiederbringlich zerstört wird.“
Indonesien ist der größte asiatische Markt von HeidelbergCement, im vergangenen Jahr stieg dort die Zementnachfrage nach Unternehmensangaben um 17,7 Prozent. Eine Anfrage der taz um eine Stellungnahme von HeidelbergCement blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern