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Umweltverbände kritisieren AKW-StresstestPersilschein für die Atomindustrie

Befürworter der Atomindustrie sehen sich nach dem Stresstest für deutsche Meiler im Aufwind. Kernkraftgegner sehen im Bericht nur eine "freundliche Betreiberbefragung".

Viele Meinungen, eine Blickrichtung: deutsche Atomkraftwerke. Bild: leo10in01 / photocase.com

BERLIN taz | Nachdem die von der Bundesregierung einberufene Reaktorsicherheitskommission (RSK) ihre Ergebnisse präsentierte, sieht sich die Atomindustrie bestätigt. "Ich bin nicht überrascht, dass die Reaktorsicherheitskommission das höhere Sicherheitsniveau der deutschen Anlagen gegenüber den havarierten Anlagen in Japan bestätigt hat", sagte der Präsident des Deutschen Atomforums, Ralf Güldner, vor Branchenvertretern.

Vertreter der Nuklearindustrie tagten bis Mittwochabend in Berlin. Ihre Interpretation der japanischen Katastrophe lautet, dass der Betreiber dort ein zu hohes, bekanntes Risiko mit der Anlage in Fukushima eingegangen seien. Der AKW-Standort ist von einem Tsunami getroffen worden, den es in der Höhe im Schnitt alle 30 Jahre gebe, rechneten Experten vor. Es habe sich also nicht um ein unkalkulierbares Restrisiko gehandelt.

Die Stoßrichtung der Argumentation: In Japan handelte man wider besseres Wissen, was in Deutschland nicht geschehen könnte. Gleichzeitig sagten mehrere Experten, man könne den genauen Hergang und die Ursache des Unfalls in Fukushima noch nicht bestimmen. Uwe Stoll vom französischen Atomkonzern Areva sprach davon, dies sei frühestens in einem Jahr möglich, andere gaben deutlich längere Zeiträume an.

Aufgabe verfehlt

Vernichtende Kritik am Ergebnis des "AKW-Stresstests" kommt von Umweltverbänden und atomkritischen Organisationen. Die Untersuchung sei lediglich eine "freundliche Betreiberbefragung" gewesen, beklagt die Ärzteorganisation IPPNW. Die RSK habe es vermeiden wollen, selbst offenkundige Sicherheitsdefizite zu benennen, die Insidern lange bekannt sind. "Damit verfehlt dieses Beratungsgremium seine Aufgabe, der Politik eine sachgerechte fachliche Grundlage für die anstehenden Entscheidungen zur Verfügung zu stellen", sagte IPPNW-Atomexperte Henrik Paulitz.

Die Organisation zählt eine ganze Reihe von wichtigen Details auf, die von der RSK ungenügend untersucht oder falsch dargestellt worden seien - etwa der Hochwasserschutz oder die Notstromversorgung durch Batterien.

Aufgrund solcher Ungereimtheiten legte die Ärzteorganisation gestern einen eigenen AKW-Stresstest vor, der sich auf ihre eigenen, langjährigen sicherheitstechnischen Recherchen stützt. Dieser kommt zu dem Ergebnis, dass "alle deutschen Atomkraftwerke unter zahlreichen Kriterien nicht den sicherheitstechnischen Anforderungen genügen, die nach dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik zu stellen sind".

War der Zeitdruck so groß?

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace interpretierte den RSK-Bericht dahingehend, dass die sofortige Stilllegung der sieben ältesten Atomkraftwerke Brunsbüttel, Unterweser, Biblis A und B, Philippsburg 1, Neckarwestheim I, Isar 1 und des Pannenreaktors Krümmel nötig sei. Hubert Weiger, der Vorsitzende des Bundes für Umwelt und Naturschutz, sagte, nach dem Bericht könne "kein einziges deutsches Atomkraftwerk einen Persilschein zum Weiterbetrieb ausgestellt bekommen".

Unterdessen heißt es von der Deutschen Umwelthilfe (DUH), der RSK-Untersuchung sei der "enorme Zeitdruck anzumerken, unter dem die Experten standen". Die DUH stützt sich auch auf den Reaktorsicherheitsexperten Wolfgang Renneberg vom Büro für Atomsicherheit in Bonn: "In der gesetzten Frist war eine seriöse Sicherheitsüberprüfung aller 17 Reaktoren nicht im Ansatz zu schaffen."

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7 Kommentare

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  • V
    vantast

    Solange die Kommission kein Erdbeben genügend hoher Stärke liefern kann, ist es kein richtiger Streßtest.

  • T
    Toby

    Nein.

     

    Das ist alles, was man zur Kernkraftpolitik sagen muß.

     

    Und damit man das auch hört, sagen wir es am 28. im Chor.

  • J
    JanG

    Die geplante Energiewende ist wichtig und richtig und gleichzeitig ein sehr großes Vorhaben. Sowas muss ruhig und planvoll angegangen werden und nicht so hektisch und von (teilweise irrationalen) Ängsten geschürt.

     

    Und hier muss ich dem Artikel Recht geben: sowohl die Aussagen des Ethikrates als auch das RSK-Gutachten kann man dem Hasen geben, die haben nicht viel Sinn außer dass in den letzten Wochen ein paar Leute beschäftigt waren.

     

    Ich habe das mal etwas ausführlicher kommentiert, nachlesbar hier: http://www.kerngedanken.de/?p=534

  • V
    vic

    Nichts wird sich ändern. Wer keine AKWs mehr haben will, muss zuerst dafür Sorge tragen, dass diese Kanzlerin und ihr Wirtschaftsklüngel aus den Kanzleramt verschwindet.

    Moratorium, Stresstest, "ETHIK"kommision. Alles Blendwerk, Glasperlen fürs Stimmvieh, für das sie euphorisch bejubelt und gelobt wurde. Allerdings nicht von mir.

  • KT
    kein teststress

    http://www.greenpeace.de/themen/atomkraft/nachrichten/artikel/super_gau_in_akw_durch_tragbare_waffensysteme_moeglich-1/

     

    ich empfehle mal dies zu lesen.

    Bei neueren, sichereren AKW's dürfte ein einzelner Schuss( bis 4,5m Beton ) auch noch für das -hierzulande üblicherweise überfüllte-Abklingbecken reichen.

    Gadaffi soll übrigens über welche verfügen.

  • W
    wutbürger

    Sie weiß es: Wer zahlt schafft an. In diesem Fall zahlt sie nicht einmal selbst, sondern bedient sich am Geld des Steuerzahlers, um unter Mißachtung ihres Amtseides „…Schaden von ihm wenden…“ der Atomlobby erneut Geschenke von erheblichem Ausmaß zu machen.

  • RF
    Rosemarie Finke-Thiele

    Kernkraftgegnerinnen und - gener werden sich wohl nicht mit dieser Abwiegelungstaktik zufrieden geben und weiter die Energiewende fordern und selbst einleiten : sparsamer Umgang mit den Ressourcen, wenn möglich, erneuerbare Energie nutzen, Atomausstieg selber machen ...

    Und : am 28. Mai mitmachen, Mund aufmachen, Atomausstieg fordern, aber subito!