: Umweltminister streiten - Chemie einig
■ Die Sonderkonferenz der Umweltminister aus Anlaß der Chemieskandale endete in heftigem Krach / Keine verbindlichen Beschlüsse / Fischer nannte die Konferenz eine pure Wahlkampfveranstaltung / Chemieindustrie poltert vereint gegen Wasserwerke
Von Axel Kintzinger
Berlin (taz) - Die Sonderkonferenz der Umweltminister aus Bund und Ländern zu den Konsequenzen der nicht enden wollenden Chemieskandale ist am Mittwoch ohne jeden Beschluß über konkrete Maßnahmen auf Februar vertagt worden. Bei einer abschließenden Pressekonferenz lieferten sich insbesondere der hessische Umweltminister Joschka Fischer (Grüne) und sein Bundeskollege Walter Wallmann (CDU) ein heftiges Wortgefecht. Fischer: „Das war eine Konferenz zur scheinbaren Krisenbewältigung, eine Wahlkampfveranstaltung des Herrn Wallmann.“ Der hessische Umweltminister zeigte sich vor allem über Wallmanns Informationsstil empört. Der Bundesminister hatte an die Journalisten eine Pressemitteilung über einen Referentenentwurf zur Novellierung der Störfallverordnung verteilen lassen, ohne sie zuvor der Ministertagung vorzulegen. Inhaltlich konnte sich Fischer in keinem Punkt durchsetzen. Seine Forderung nach dem Produktionsverbot verschiedener Chemikalien, „deren besondere Gefährlichkeit allgemein anerkannt ist“ sowie sämtlicher Pflanzenschutz– und Schädlingsbekämpfungsmittel fand keinen Anklang. Auch der nordrhein–westfälische Umweltminister Klaus Mathiesen (SPD) stand auf verlorenem Posten. Sein Vorschlag, die Beweislast bei Umweltdelikten umzudrehen, wurde von den die Mehrheit bildenden CDU– Umweltministern abgeschmettert. Wallmanns Referentenentwurf sieht lediglich vor, die Liste der unter die Störfallverordnung fallenden chemischen Stoffe von bisher 145 auf 325 zu erweitern. Ferner soll der Kreis der genehmigungsbedürftigen Industrieanlagen sowie die Meldepflicht der Betriebe erweitert werden. Für die SPD–regierten Länder ist dies jedoch, so Mathiesen, zu wenig. So müsse auch das Chemikaliengesetz verschärft und das Wasserhaushaltsgesetz novelliert werden. Zu dem auch von der SPD geforderten Verbot hochgiftiger Stoffe sagte der Konferenz–Vor sitzende und Berliner Umweltsenator Prof. Starnick (parteilos): Nur dort, wo bereits vollwertige Ersatzstoffe vorhanden seien, könne man mit Verboten vorgehen. Im Gegensatz zu den zerstrittenen Umweltministern ist sich der Verband der Chemischen Industrie (VCI) in seiner Beurteilung der Lage einig: Nach der Brandkatastrophe im Schweizer Konzern Sandoz seien die Betriebsstörungen in deutschen Chemiefirmen unberechtigt und zumeist aus politischen Gründen aufgebauscht worden. Den Wasserwerken warf VCI–Präsidiumsmitglied Joachim Langmann sogar vor, „in Einzelfällen aus politischen Gründen“ die Wasserentnahme aus dem Rhein gestoppt zu haben. Die jeweiligen Kommunen hätten, so Langmann weiter, Einfluß auf die Wasserwerke geübt. VCI–Präsident Hans Albers, der auch Vorstands–Chef bei der BASF ist, griff in Frankfurt namentlich die Wiesbadener und Bonner Wasserwerke an.
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