Umwelt: Der grüne Patient
Erstmals liegen aufgeschlüsselte Daten über den Zustand der Berliner Wälder vor. Das Fazit: Den Bäumen im Ostteil der Stadt geht es etwas schlechter als denen im Westen.
Bisher waren die Berliner Förster in geheimer Mission unterwegs: Wenn sie einmal im Jahr ausrückten, um den Zustand der Wälder zu erfassen, blieben die Daten unter Verschluss. Im Waldzustandsbericht steht lediglich eine Zusammenfassung. Die taz hat nun Einblick in alle Rohdaten aus der Erhebung des Jahres 2007 erhalten.
Die Förster notieren jedes Jahr bei etwa tausend Bäumen unter anderem, wie stark die Baumkrone mit Blättern beziehungsweise Nadeln bewachsen ist. Denn kahle Kronen sind das sichtbarste Anzeichen für ungesunde Bäume. Außerdem untersuchen die Experten bei jedem Baum, ob er von Pilzen oder Insekten befallen ist.
Mithilfe der Rohdaten ist nun erstmals eine Aussage über den Zustand der einzelnen Wälder in Berlin möglich. Denn in dem offiziellen Bericht gibt es immer nur Aussagen über die Gesamtstadt - dabei liegen innerhalb der Landesgrenzen mehrere weit voneinander entfernte Wälder.
Die größte Waldfläche befindet sich im Südosten rund um den Müggelsee. Hier fehlen den Bäumen durchschnittlich 25,5 Prozent ihrer Blätter in der Krone - deutlich mehr als der Bundesdurchschnitt von 20,7 Prozent. Eine Ursache dafür ist, dass diese Region klimatisch besonders trocken ist. Dazu kommt, dass es im Jahr 2006 noch weniger regnete als sonst. Auch Schadstoffe durch den Verkehr spielen eine Rolle.
Dem Bestand im Westen der Stadt geht es dabei etwas besser - aber auch ihnen fehlen deutlich mehr Blätter als im Bundesdurchschnitt. In der Region im Südwesten rund um den Wannsee und die Havel fehlen im Schnitt 23,2 Prozent der Kronenblätter, im Nordwesten sind es 24,4 Prozent. Die Bäume im Tiergarten und in den anderen Parks in der Stadt werden dagegen für den Bericht nicht untersucht, denn hier handelt es sich nicht um richtige Wälder.
Die Daten bestätigen, dass vor allem die Eichen nicht gesund sind. An 69 Prozent von ihnen sahen die Förster deutliche Schäden. Bei Stieleichen - auch als Deutsche Eichen bekannt - waren es sogar 90 Prozent. Nur wenige Eichen zeigen gar keine Krankheitssymptome. Der Kiefer geht es hingegen besser: Nur 20 Prozent der untersuchten Bäume hatten deutliche Schäden, bundesweit sind es 13 Prozent.
Die taz berief sich bei der Suche nach diesen Daten auf das Informationsfreiheitsgesetz Berlin, das einer EU-Regelung entsprechend Transparenz bei Umweltinformationen vorschreibt. Es bedurfte jedoch einiger Überzeugungsarbeit, bis die zuständigen Mitarbeiter der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und der Landesforstanstalt Eberswalde die Daten der taz übergaben. Auf der taz-Webseite finden sich die Daten zum Download - und Informationen darüber, wie Bürger ihren Anspruch auf Auskunft über Umweltinformationen nutzen können: www.taz.de/baumdaten
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!