Kommentar: Umwelt über Bord
■ Tanker sollen Widerstand testen
Es gibt Vorhaben, die sind so irrsinnig, daß es einem fast die Sprache verschlägt. Zum Beispiel dieses: Da öffnet das Bundesverkehrsministerium eine Route mitten durch den Nationalpark Wattenmeer für den allgemeinen Verkehr. Durch eine ökologisch hochsensible Landschaft sollen künftig Öltanker tuckern, auf Kanälen, die bei Ebbe trockenfallen und nicht einmal bei Flut die berühmte Handbreit Wasser unter dem Kiel garantieren. Die Zahl von Unfällen in der Binnen- und Seeschifferei ist enorm. Die Ölpest im Watt wird damit nur eine Frage der Zeit. Es ist, als erlaube man einem Fackelträger, neben offenen Benzinfässern spazieren zu gehen.
Warum dieser Vorstoß aus Bonn, der jegliche Pläne des niedersächsischen Umweltministeriums zum Schutz des Wattenmeeres ad absurdum führt? Es ist unwahrscheinlich, daß das Ministerium in Bonn wirklich einen handfesten Krach vom Deich brechen will. Viel einleuchtender ist die Idee, daß die Öffnung der Kaiserbalje ein weiterer Versuchsballon ist, wie weit in der Rezession das Argument der Arbeitsplätze gegen den Schutz der Umwelt ausgespielt werden kann. Die Meyer-Werft in Papenburg und die permanenten Emsvertiefung ist dabei ein gutes Beispiel. An der Lautstärke des Widerstands gegen die Öffnung der Kaiserbalje wird sich ein kleines Stückchen entscheiden, wieviel Umweltschutz künftig in Deutschland über Bord geworfen wird. Bernhard Pötter
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