Umstrittenes Gesetz in der Ukraine: Gesetz unterzeichnet, Streit bleibt
Seit Wochen schwelt in der Ukraine der Streit um die ofizielle Verwendung der russischen Sprache. Nun wurde das Gesetz von Prsident Janukowitsch unterzeichnet.
BERLIN taz | Der ukrainische Staatspräsident Wiktor Janukowitsch hat am Mittwoch ein Gesetz zur Verwendung der russischen Sprache unterzeichnet. Die neue Regelung, die auf eine Initiative der regierenden Partei der Regionen zurückgeht und am 3. Juli vom Parlament beschlossen worden war, erlaubt es, Russisch als offizielle Sprache in Behörden, Gerichten und anderen staatlichen Institutionen in Regionen zu benutzen, in denen mindestens zehn Prozent der Bevölkerung russischsprachig sind.
Das Gesetz hatte in den vergangenen Wochen vehemente Proteste hervorgerufen: So waren Gegner der neuen Regelung in Kiew in einen Hungerstreik getreten. Im Parlament war es zwischen Abgeordneten der Regierungspartei und der Opposition zu Handgreiflichkeiten gekommen. Kritiker sehen in dem Gesetz eine Bedrohung der Identität des Landes. Jetzt hätten die russischsprachigen Ukrainer, die im Osten und Süden leben, keine Motivation mehr, Ukrainisch zu lernen.
Auch am Mittwoch kam es wieder zu Demonstrationen. In Simferopol, der Hauptstadt der Halbinsel Krim und in der ostukrainischen Stadt Dnjepropetrowsk gingen diesmal allerdings die Befürworter des Gesetzes auf die Straße. Angaben einer Aktivistin zufolge sollen die Menschen in Dnjepropetrowsk von den örtlichen Behörden zu der Teilnahme an der Kundgebung gezwungen worden sein.
"Verbrechen gegen den Staat"
Vertreter der Opposition bezeichneten das Gesetz als „Verbrechen gegen den Staat. „Janukowitsch ist etwas gelungen, was nicht einmal die russischen Eroberer und die sowjetischen Generalsekretäre geschafft haben: Er hat gegen die ukrainische Sprache die Todesstrafe verhängt“, sagte der Politikanalytiher Oleg Medwedjew.
Die Unterzeichnung des Sprachgesetzes zum jetzigen Zeitpunkt ist kein Zufall: Im Oktober finden Parlamentswahlen statt. Beim letzten Urnengang hatte Janukowitsch versprochen, Russisch als zweite Amtssprache einzuführen. Derzeit liegt die Partei der Regionen bei 30 Prozent und hätte damit keine Mehrheit mehr.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
Gespräche in Israel über Waffenruhe
Größere Chance auf Annexion als auf Frieden
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern