Umstrittenes Bankdaten-Abkommen Swift: Schwarzer König schlägt gelbe Dame
Die FDP ärgert sich beim EU-Abkommen über den Austausch von Bankdaten mit den USA über den Innenminister. Die Justizministerin fordert Nachbesserungen.
Das EU-Abkommen über den Austausch von Bankdaten mit den USA sorgt für Ärger zwischen FDP und CDU. "Wir sind alles andere als glücklich darüber, wie das gelaufen ist", sagte der FDP-Innenexperte Christian Ahrendt am Dienstag. Seine Kollegin Gisela Piltz fragte spitz, wie wohl "die Union damit umgeht, dass die Kritik der eigenen Reihen ungehört verhallte". Und Alexander Alvaro, der liberale Mann für die Innenpolitik im Europaparlament, sagte, der Vorgang sei für ihn und seine Partei "ziemlich unverständlich."
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte am Montag bei der Abstimmung in Brüssel über das sogenannte Swift-Abkommen mit Enthaltung gestimmt. Der Vertrag ermöglicht US-Sicherheitsbehörden das Auswerten von Überweisungen zwischen den EU-Ländern und Drittstaaten - offizielle Begründung ist die Terrorismusbekämpfung. Nur ein Nein Deutschlands hätte das Vertragswerk verhindern können.
De Maizière hatte offenbar selbst inhaltliche Bedenken, sagte aber nach dem Beschluss, ein unbefriedigendes Abkommen sei besser als gar keines. Diese Begründung bringt Alexander Alvaro besonders in Rage: "Dass etwas Schlechtes besser ist als nichts, könnte vielleicht das neue Motto der CDU werden", höhnte der Europapolitiker. Er rechne damit, dass "diese Sache in der Koalitionsrunde thematisiert wird".
Dass der Ärger bei den Liberalen so groß ist, liegt zum einen daran, dass zwei ihrer Kernthemen berührt sind: Datenschutz und Wirtschaft. Denn wie das Handelsblatt 2007 und zuvor die New York Times recherchiert haben, nutzen die USA die Daten auch zu Zwecken der Wirtschaftsspionage. Der Bundesverband der Deutschen Industrie äußerte diese Befürchtung am Dienstag ebenfalls. Daten zum Zahlungsverkehr erlaubten Rückschlüsse auf Märkte, Vertragspartner und Geschäftsumfänge.
Zum anderen fühlt sich die FDP vom neuen Innenminister überfahren. Teilnehmer der Koalitionsverhandlungen erzählen, dass de Maizières Vorgänger Wolfgang Schäuble (CDU) bei diesen Gesprächen konsensorientierter mit den Freidemokraten umgegangen sei. "Er hat das Thema Swift von sich aus angesprochen und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger über den Stand des Verfahrens unterrichten lassen", erzählt einer, der dabei war. Auch Schäuble habe Zweifel an dem Abkommen geäußert und man habe sich in dem Eindruck getrennt, bei der Ablehnung des Vertrages einig zu sein. Wenn ihr Name nicht zitiert wird, geben Liberale zu, von der Kehrtwendung des Innenministeriums überrascht worden zu sein.
Am Dienstag forderte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger dann auch weitreichende Änderungen am Abkommen. Es gilt zunächst für neun Monate. Danach wird auf europäischer Ebene nachverhandelt.
Leutheusser-Schnarrenberger will erreichen, dass alle innerdeutschen und innereuropäischen Überweisungen von der Überwachung ausgenommen seien. Außerdem monierte sie Speicherfristen für die Daten von bis zu fünf Jahren selbst für Informationen, die von den USA nicht mehr für den Antiterrorkampf benötigt werden. Dies sei eine "überdimensionierte Vorratsdatenspeicherung", sagte Leutheusser-Schnarrenberger.
Zudem dürften den US-Terrorfahndern europäische Bankdaten nur bei einem "konkreten Tatverdacht" übermittelt werden, nicht in "einem weiten Zugriff-Blockverfahren".
Gerhart Baum, ehemaliger Bundesinnenminister, warnt allerdings wie andere in der FDP vor allzu großen Hoffnungen auf die Nachverhandlungen. "Man hat bei diesem Abkommen wieder gesehen, dass die strikte deutsche Haltung zum Datenschutz in Europa keine Mehrheit hat", sagte der liberale Politiker am Dienstag.
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