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Umstrittener Uni-BeschlussBachelor-Studierende sollen flotter schreiben

Abschlussarbeiten müssen an der HU früher begonnen werden. Studierendenvertreter: Das ist "unsinnig" und "unfair".

Schneller büffeln: Studierende in einer Berliner Unibiblitotek : ap

Pünktlich zur Bildungsstreikwoche erhöht die Humboldt-Universität zu Berlin (HU) den Druck auf die Studierenden: In einem Schreiben an die Studiendekane und die Prüfungsbüros erklärte der Leiter der Studienabteilung, Steffan Baron, dass die Zugangsregelungen für den Master ab dem laufenden Semester konsequenter angewendet würden als bisher. Betroffen sind jene Studierenden, die sich im sechsten Semester befinden. Sie können sich zu einem weiterführenden Master-Studium nur bewerben, wenn sie alle so genannten Modulabschlussprüfungen einschließlich der Bachelorarbeit bis zum 15. Juli angemeldet haben.

Diese Regelung gilt eigentlich schon seit 2007. Doch bisher wurde sie von der Studienabteilung, die unter anderem für die Abwicklung der Bürokratie und die Studienberatung zuständig ist, nicht so streng angewandt. "Im Einzelfall hat es auch Bewerbungen ohne Anmeldung zur Bachelorarbeit gegeben", sagt Baron. Er begründet die konsequentere Praxis damit, dass es eine hohe Rückfallquote von bis zu 50 Prozent bei jenen Studierenden gegeben hätte, die ohne abgeschlossenen Bachelor ihren Master angefangen hätten. "Es bestand Handlungsbedarf", so Baron zur taz.

Warten auf Demonstranten

Seit gut zehn Tagen rufen Studierenden- und Schülervertreter zur Teilnahme an einem bundesweiten Bildungsstreik in dieser Woche auf. Der geplante Höhepunkt: bundesweit Demonstrationen am Mittwoch, auch in Berlin. Mehr als 10.000 Menschen gingen im vergangenen Jahr aus diesem Anlass auf die Straße. Doch bisher verläuft die Mobilisierung eher mau.

"Wir müssen den Druck aufrechterhalten, damit unsere Forderungen umgesetzt werden", sagt die Studentin Sarah Walz. Sie ist Mitglied des Akademischen Senats der Freien Universität (FU) und saß auch an dem runden Tisch der FU, der nach den Protesten 2009 eingerichtet wurde. Bisher seien dort nur Leitlinien beschlossen worden, die nicht bindend für die Universität seien, berichtet Sarah Walz. Deshalb der erneute Ruf auf die Straße.

Bei den Studierenden stößt er damit auf Unverständnis. Tobias Roßmann, Mitglied in der Komission für Lehre und Studium, findet, dass die Verschärfung sechs Wochen vor Ablauf der Bewerbungsfrist für den Master "unsinnig" und "unfair" sei, da sie viele Studierende unerwartet träfe. "Es werden alle wegen ein paar Einzelfällen bestraft", sagt er.

Roßmann warf der Verwaltung zugleich vor, die Studierenden zu spät und dann nicht richtig über die geänderte Praxis in Kenntnis gesetzt zu haben. Tatsächlich räumte Steffan Baron ein, seine E-Mail bereits Mitte April an die Prüfungsbüros und erst einen Monat später an die Studiendekane verschickt zu haben. "Das geht so nicht", sagt Roßmann. "Warum gab es keine Erklärung an die Studierenden?", fragt er.

Viele Studierende seien nicht darauf vorbereitet, ihre Bachelorarbeit bereits ab Juli zu schreiben, berichtet Sascha Watermann, ebenfalls Mitglied der Komission Lehre und Studium. Mitte Juli stünden gewöhnlich noch Prüfungen an oder es müssten Hausarbeiten abgegeben werden. Die Abschlussarbeit würde deswegen erst im Anschluss daran angemeldet. Ab diesem Tag haben die Studierenden acht Wochen Zeit, die Arbeit zu schreiben. Aufgrund der verschärften Anwendung der Regeln könne es nun passieren, so Watermann, dass zwei Wochen und mehr von der Zeit für die Bachelorarbeit verloren gingen. Im Ernstfall würde diese nicht rechtzeitig fertig gestellt. "Die Betroffenen könnten letztlich ein Semester oder gar ein Jahr verlieren", befürchtet Watermann.

Steffan Baron, der seit Oktober 2009 die Abteilung leitet, hält diese Befürchtungen für unbegründet: Studierende, die wegen eines zu hohen "Workloads" Probleme mit der Bachelorarbeit hätten, könnten sich an die Prüfungsausschüsse wenden und sich eine Ausnahmebescheinigung ausstellen lassen. "Das Büro ist da sehr entgegenkommend", sagte er.

Falls die Zugangsregeln wie angekündigt hart durchgesetzt würden, verlangen Roßmann und Watermann, beliebte Master-Studiengänge in Zukunft auch im Sommersemester anzubieten. Das sei auch im Interesse der Universität, da sie so eigene Studierende, die vielleicht sieben Semester für ihren Bachelor bräuchten, für das hauseigene Master-Programm gewinnen könnten.

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6 Kommentare

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  • SB
    Steffan Baron

    Nein, der Baron, der eine unbegrenzte Verlängerung der Bearbeitungszeit von Abschlussarbeiten aus Gründen der Gleichbehandlung ablehnt. Für Härtefälle ist eine Einzelfallprüfung im Rahmen des Nachteilsausgleichs vorgesehen.

  • S
    Smitty

    Ist das der selbe Dr. Baron der in der Musterprüfungsordnungsdebatte an der HU ernsthaft dafür eingetreten ist, die Verlängerungsmöglichkeit für die BA-Arbeit wegen Krankheit massiv einzuschränken, weil ja sonst Schwangere kurz vor dem Beginn des Mutterschutzes ihre BA-Arbeit hinterlistig anmelden würden, nach der Geburt die Elternzeit geltend machen (1 Jahr) und somit, sofern sie in dem Jahr nicht wieder schwanger werden würden, so insgesamt 17 Monate für die Arbeit Zeit hätten und nicht nur zwei Monate? Aber wahrscheinlich betrifft das auch bis zu 50% der BA-Arbeiten. Ist ja ein gängiges Problem, kennt ja jeder selbst vom Studium. Die ganzen Mütter immer mit ihren "Vergünstigungen"!

  • N
    Nestbeschmutzerin

    Ich war lange Zeit an der HU Studierendenvertreterin und befinde mich gerade in meiner Abschlussphase. Ich habe auch die Diskussion um dieses Thema verfolgt. Die von Dr. Baron hier angeblich enthaltenen Fehler kann ich nicht finden, es sei denn die Fehler beziehen sich auf eine Behauptung von ihm. So behauptet er, dass bis zu 50% der vorlaufigen Masterzusagen zurückgezogen werden müssen. Diese Tatsache kann man offiziell nicht widerlegen, da es keine Zahlen gibt. Fragt man aber bei den einzelnen Fächern nach - diese sind ja im Bilde über die Entwicklung der Zahlen, wenn auch nur über ihr eigenes Fach - liegen die Zahlen größtenteils deutlich unter 20% und manchmal sogar unter 10%. Ich will nicht bestreiten, dass es Ausbrüche nach oben, wie das Beispiel mit den 50% gibt. Das sind aber tatsächlich Einzelfälle, wenn nicht sogar ein Einzelfall.

    Wenn der Text aber gar so viele Fehler enthält, wäre ich auch gespannt, welche das denn sein sollen.

  • SB
    Steffan Baron

    @Montcerf

     

    Meine detaillierte Kritik habe ich auf Nachfrage an den zuständigen Ressortleiter geschickt - sie würde den Rahmen des Forums sprengen. Ich habe den Beitrag im Vorfeld der Veröffentlichung natürlich gelesen und korrigiert und insgesamt mindestens drei Mal auf verschiedene Fehler hingewiesen. Irgendwann reicht es dann aber auch - für ihre Qualitätssicherung ist die taz schließlich selbst verantwortlich.

  • M
    Montcerf

    @ Steffan Baron:

     

    Wenn Sie sich die Mühe machen, den oben stehenden Artikel zumindest einmal zu lesen und dabei Fehler entdecken (was ich ja keinesfalls ausschließen will), bitte ich Sie als Leser darum diese darzulegen. Es handelt sich hier nicht um einen Briefwechsel zwischen Ihnen und Herrn Dubro, sondern um einen Austausch in einem öffentlichen Forum, dessen andere Teilnehmer möglicherweise ebenfalls an der Darstellung Ihrer Position interessiert sind. Einfach nur zu behaupten, dass der Artikel Fehler enthält, ohne auf diese einzugehen, empfinde ich in diesem Rahmen als wenig kontruktiv.

  • SB
    Steffan Baron

    Sehr geehrter Herr Dubro,

     

    abgesehen von Ihrer unfairen und einseitigen Darstellung ist es schon erstaunlich, wie viele Fehler Ihr Beitrag selbst jetzt noch enthält. Offenbar ist Ihnen mehr an der Dramaturgie als an Tatsachen gelegen, und insofern ist die TAZ spätestens jetzt auf dem Niveau der üblichen Boulevard-Presse angekommen - nur eben für ein anderes Klientel. Ich werde mir bestimmt nicht nochmal die Mühe machen, Ihr Geschreibsel durchzusehen.

     

    Mit freundlichen Grüßen

     

    Steffan Baron