Umstrittene Vergabe einer Juniorprofessur an der FU: Die Politik der Stellenbesetzung
Der Wissenschaftssenator muss die Berufung für eine FU-Professur absegnen. Das ist normal. Erst war ein linker Wissenschaftler Favorit. Das passte dem Uni-Präsidenten nicht.
Die Aufgabe des Wissenschaftssenators ist nicht leicht. Denn auf dem Tisch von Jürgen Zöllner (SPD) liegt derzeit die Akte im "Fall Scharenberg". Sie enthält einen Vorschlagsliste für die Vergabe einer Juniorprofessur an der Freien Universität Berlin (FU), die Zöllner im Normalfall nur absegnen müsste. Doch die Liste hat ein besonderes Merkmal: Der Name von Albert Scharenberg, um den es in der Sache geht, steht nicht mehr drauf. Um zu verhindern, dass der Mann ein FU-Professor wird, wurde an der Uni nun über Jahre gemauschelt und getrickst. Mit Erfolg, wie es scheint. Jürgen Zöllner hat damit nichts zu tun. Und doch muss er jetzt das entscheidende Urteil verkünden.
Eigentlich könnte Albert Scharenberg längst Professor sein: Eine Berufungskomission am John-F.-Kennedy-Instititut für Nordamerikastudien hatte Scharenberg 2007 einstimmig zum besten Kandidaten für eine an der FU ausgeschriebene Juniorprofessur gekürt. Dem Votum hatten sich auch externe Gutachter und der Fachbereichsrat angeschlossen. Nur einer hielt nichts von dem Vorschlag: FU-Präsident Dieter Lenzen. Der kassierte den Vorschlag und wies die zuständigen Gremien an, einen anderen vorzuschlagen. Lenzens Argument: Scharenberg sei bereits zu alt für eine Juniorprofessur und "nicht geeignet."
Tatsächlicher Hintergrund soll jedoch die politische Orientierung des Kandidaten gewesen sein. Scharenberg ist Redakteur der angesehenen politikwissenschaftlichen Bätter für deutsche und internationale Politik. Er steht der linken Rosa-Luxemburg-Stiftung nahe. Der FU-Präsident Lenzen hingegen gilt als äußerst wirtschaftsfreundlich und ist Unterstützer der neoliberalen "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft".
Bundesweit wurde über den Fall berichtet. Im Tagesspiegel veröffentlichten 200 WissenschaftlerInnen aus aller Welt eine ganzseitige Anzeige, in der sie Lenzen aufforderten, Professuren nicht "nach politischer Opportunität" zu besetzen.
Schließlich wurde das Bewerbungsverfahren neu aufgerollt. Doch dann begann das Gemauschel erst richtig. Einzelne Mitglieder der Berufungskommission wurden ausgetauscht, neue Gutachter beauftragt. Am Ende steht ein Ergebnis, wie es dem FU-Präsidenten nur gefallen kann. Scharenberg ist von der Vorschlagsliste komplett verschwunden.
In ihrer Empfehlung kamen die neue Berufungskommission, die externen Gutachter und der Fachbereichsrat zu der überraschenden Einsicht, dass der einstige Spitzenkandidat nicht berufungsfähig ist. Besonders deutlich: Obwohl sie drei Kandidaten vorschlagen durften, benannten die Gremien nur Kandidaten für Platz eins und zwei. Einen Drittplatzierten gibt es auf den neuen Liste nicht. Der Name Scharenberg taucht - wie gewünscht - gar nicht mehr auf.
"Ich erkenne nicht, welche fachlichen Gründe dafür zureichend gewesen wären, Herrn Scharenberg komplett von der Vorschlagsliste zu nehmen", sagt der FU-Professor Hajo Funke. Er war Mitglied der ersten Berufungskommission, die in Scharenberg den besten Kandidaten sah. "Der Eindruck, dass hier aus politischen Gründen interveniert wurde, ist damit nicht vom Tisch", kritisiert Funke.
Die nun politisch opportune Vorschlagsliste hat bereits das FU-Präsidium passiert. Nun müsste Wissenschaftssenator Zöllner offiziell den Ruf erteilen. Aus der Senatsverwaltung heißt es, Zöllner äußere sich nicht zu laufenden Verfahren. Früher oder später wird er sich aber äußern müssen.
Folgt Zöllner der Vorschlagsliste der Universität, hätte das durchaus Symbolkraft. Denn der Fall Scharenberg steht mittlerweile exemplarisch für eine akademische Disziplinierung und die faktische Aushebelung universitärer Gremien. Der Prozess hat nicht nur Scharenberg selbst beschädigt, sondern auch die Kandidaten, die nun zum Zuge kommen. Ganz zu schweigen vom Wissenschaftsstandort Berlin.
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