Umstritten: Bund will Gelöbnis vor Reichstag

Verteidigungsminister Jung will das Soldatengelöbnis künftig jedes Jahr vor dem Parlament abhalten. Doch noch ist das letzte Wort nicht gesprochen.

Gelöbnis inklusive Straßensperrungen in Berlin-Mitte. Der Verteidigungsminister will das nun jedes Jahr. Bild: ap

Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) scheint mit dem erstmals öffentlichen Bundeswehrgelöbnis am 20. Juli vor dem Reichstag zufrieden gewesen zu sein. So zufrieden, dass Jung daraus eine dauerhafte Tradition machen will. "Ich bin dafür, dass wir das jährliche Gelöbnis am 20. Juli künftig immer vor dem Reichstag stattfinden lassen", sagte Jung der Bild-Zeitung. "Da gehört es hin, denn die Bundeswehr ist gegenüber dem Parlament verantwortlich."

Da wird Jung wohl noch ein wenig Verhandlungsgeschick zeigen müssen. Denn bereits in diesem Jahr war die öffentliche Zeremonie nicht nur politisch umstritten. Kritiker sahen darin eine Militarisierung des öffentlichen Raums und forderten, die Vereidigung der Bundeswehrsoldaten weiter im Bendlerblock abzuhalten. Auch verwaltungstechnisch wäre die Verlegung fast gescheitert - am Bezirksamt Mitte. In dessen Zuständigkeitsbereich liegt nämlich auch der Reichstag. Wer dort marschieren will, braucht die Genehmigung der Beamten.

Und die hatten sich im Juli widerspenstig gezeigt. Unter Verweis auf logistische Schwierigkeiten und die Abnutzung des Rasens wurde das Gesuch des Verteidigungsministeriums zunächst abgelehnt. Besonders unter Unionspolitikern war anschließend die Empörung groß - sie vermuteten politische Gründe hinter der Entscheidung. Erst nach Vermittlung von Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) fand das Reichstagsgelöbnis doch noch statt.

Im Bezirksamt Mitte hieß es am Freitag, man habe noch keine offizielle Anfrage für einen dauerhaften Umzug erhalten. Würde diese Anfrage eintreffen, wolle man aber zügig das Gespräch mit dem Berliner Senat suchen. Dort ist man vorbereitet. "Wir sind für alle Gesprächswünsche selbstverständlich offen", sagte Senatssprecher Günter Kolodziej. "Am Ende werden wir sicher zu einer vernünftigen Lösung kommen."

Rückendeckung erhielt Jung am Freitag von fast allen Bundestagsfraktionen, darunter auch von der SPD und ihrem Verteidigungsexperten Rainer Arnold. Auch die Grünen können sich einen dauerhaften Umzug vor den Reichstag offenbar vorstellen. "Es ist bestimmt nicht falsch zu unterstreichen, dass die Bundeswehr eine Parlamentsarmee ist", sagte der Bundestagsabgeordnete Omid Nouripour.

Das Protestbündnis Gelöbnix und die Linke-Fraktion im Bundestag sprachen sich hingegen vehement gegen die Reichstagslösung aus. "Die Bundeswehr als Parlamentsarmee zu bezeichnen, ist eine Mär", kritisierte Gelöbnix-Mann Marek Voigt. "Sie ist demokratisch nicht kontrollierbar. Das ist ein reines Ablenkungsmanöver von völkerrechtswidrigen Kriegen." Die innenpolitische Sprecherin der Linke-Bundestagsfraktion, Ulla Jelpke, äußerte sich ähnlich. "Das wäre ein neuer Schritt der Militarisierung nach innen", sagte sie der taz. "Wir wollen in Deutschland keine Berlusconi-Verhältnisse", betonte sie in Anspielung auf den vom italienischen Regierungschef jüngst bewilligten Militäreinsatz im Innern.

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