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Umfragetief und interner Streit bei der FDPLiberale weiter unter fünf Prozent

Die FDP liegt der jüngsten Forsa-Umfrage zufolge bundesweit weiter unter fünf Prozent. In den Ländern bemüht sich die Partei immer stärker um Abgrenzung von Parteichef Westerwelle.

Für ihn geht es eher nicht aufwärts: FDP-Chef Guido Westerwelle. Bild: dapd

BERLIN afp/rtr/dapd | Die FDP verharrt weiter im Umfragetief. Sie erreichte in der am Mittwoch veröffentlichten bundesweiten Forsa-Umfrage nur vier Prozent. Wäre dies ein tatsächliches Wahlergebnis wäre sie damit, wie bereits in der Vorwoche, nicht im Parlament vertreten.

In der gleichen Umfrage kommt die Union unverändert auf 34 Prozent. Die SPD gewinnt zum zweiten Mal in Folge einen Punkt hinzu und verbesserte sich auf nun 24 Prozent. Die Grünen gaben erneut einen Punkt ab. Sie kommen auf 20 Prozent.

Noch Mitte Oktober hatten die Grünen im mit 25 Prozent die SPD übertrumpft, jedoch lediglich bei den Umfragen von Forsa. Zulegen konnte die Linke, die sich um einen Punkt auf 11 Prozent verbessert. Für "sonstige Parteien" würden laut Befragung 7 Prozent der Wähler stimmen.

Mit zusammen 38 Prozent liegt das schwarz-gelbe Regierungslager weiter sechs Punkte hinter einem rot-grünen Bündnis mit zusammen 44 Prozent und sogar 17 Punkte hinter SPD, Grünen und Linken mit zusammen 55 Prozent.

Forsa-Chef Manfred Güllner sagte dem "Stern", er sehe bei der FDP "den Boden erreicht". Die Liberalen hätten zwar ein hohes Sympathiepotenzial, schaffen es jedoch nicht, die Sympathisanten als Wähler zu halten. Jetzt seien ihr nur noch "die harten Stammwähler" geblieben. Forsa befragte vergangene Woche 2500 repräsentativ ausgesuchte Bundesbürger.

Parteiinterne Kritik an Westerwelle

Unterdessen sorgt die Krise bei der FDP für innerparteiliche Auseinandersetzungen. Aus der baden-württembergischen FDP gibt es einem Zeitungsbericht der "Südwest Presse" zufolge Rücktrittsforderungen an Bundesparteichef Guido Westerwelle. Mehrere prominente Mitglieder der Südwest-FDP drängten Westerwelle demnach in einem offenen Brief noch vor der Landtagswahl am 27. März zum Rückzug von der Parteispitze.

Wolfgang Weng, der Ehrenvorsitzende der Stuttgarter FDP, fordere Westerwelle in dem Schreiben auf, spätestens beim Dreikönigstreffen Anfang Januar in Stuttgart anzukündigen, dass er nicht wieder für den Parteivorsitz kandidieren werde. Damit erhielten die Wahlkämpfer im Land "die Chance, das Negativ-Image abzustreifen, das leider mit Ihrer Person medial verbunden ist und das sich bedauerlicherweise nicht mehr ändern lässt", zitierte die Zeitung aus dem offenen Brief.

Auch die FDP in Rheinland-Pfalz, wo Ende März zum gleichen Zeitpunkt Landtagswahlen anstehen, ging auf Distanz zu Westerwelle. Im Hinblick auf Parteichef Westerwelle sagte Herbert Mertin, der Spitzenkandidat der rheinland-pfälzischen FDP, zu Spiegel Online. "Die Stimmung ist nicht so, dass sein Auftreten an der Basis als hilfreich angesehen wird".

Herbert Mertin sagte weiter: "Fakt ist, dass die Person des Bundesvorsitzenden uns seit Monaten wie ein Klotz am Bein hängt." Er empfehle Westerwelle, die besinnlichen Weihnachtstage zu nutzen und sich zu überlegen, wie die Partei wieder in die Offensive kommen könne. Es müsse analysiert werden, in welcher Konstellation die Partei dies schaffen könne.

Zuletzt hatte Wolfgang Kubicki, der FDP-Fraktionschef in Schleswig-Holstein, Guido Westerwelle scharf kritisiert. In einem "Spiegel"-Interview verglich er den Zustand der Bundespartei mit der Situation in der Endphase der DDR. An der Basis habe die Auflösung schon begonnen.

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9 Kommentare

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  • M
    Martina

    Ich find' Westerwelle auch scheiße, aber was war denn jemals so toll an ihm, dass sie ihm jahrzehntelang ne große Karriere beschert haben?

    Ganz schön rückgratlos, die FDP.

  • KH
    Karin Haertel

    Bei der letzten Wahl hat der Buerger dieser Partei eine Chance gegeben. Nun muessen wir festsellen, dass sie zusammen mit der CDU keine der gemachten Versprechen eingehalten hat und ich tatkratig an den unchristlichen Unternehmergeschenken beteligt hat Eine Wiederwahl ist damit ausgeschlossen. Da die anderen beiden grossen Pareien aber auch nur die Klappe aufreissen und keine Vesprechen einhalten und nur mit grosser Unfaehigkeit glaenzen, bin ich auf dad Ergebnis mal gespannt.

  • R
    rheinelbe

    Die Vorgänge in der FDP

    sind nicht mit der Auflösung der DDR zu vergleichen (Kubicki), sondern mit spätrömischer Dekadenz.

  • K
    kotelette

    Ich denke die FDP hat ein unglaublich großes Imageproblem damit, dass sie angetreten ist als Steuer-Erleichterungspartei und sich nun mit der harten Realität messen muss, wo es eigtl nichts zu erleichtern gibt.

     

    Westerwelle tut sein übriges dazu, in dem er an seinem Stuhl kleben bleibt, komme was wolle. Dazu war er zu lange in der Opposition, als dass er sich seinen größten Erfolg Außenminister zu sein, jetzt durch "Umfragen" nehmen lassen will.

     

    Er und seine FDP werden sang- und klanglos aus den Landesparlamenten verschwinden, das ist meine Prognose.

     

    Und auf die rechte Schiene zu setzen wie Möllemann seinerzeit, das denke ich wird nichts helfen.

  • A
    atypixx

    Westerwelle ist ein wandelndes NLP-Buch ohne jede Authentizität. Er ist nie wirklich da, versteckt sich stets hinter einer Fassade. Ihm wird man *nichts* mehr glauben, auch nicht sein Engagement für ein nicht völlig überfrachtetes Deutschland.

  • PL
    Prof. Loewy-Brueller

    Der Klotz am Bein der FDP ist ihr liberales Gedankengut, nicht ihr Vorsitzender. Ohne Westerwelle wäre die Partei längst irrelevant. Es gab in der FDP nie jemanden, der auch nur ansatzweise eine derartige Präsenz entwickeln konnte. Es wird viel über Westerwelle gespottet, doch wenn man Vampire wie Genscher und Lambsdorff erblickt, sieht man ein: so schlecht haben wir es gar nicht getroffen.

  • B
    Branko

    Je eher diese kurzsichtigen Comicfiguren ausgewiesener Wirtschaftsinkompetenz mit ihrem Guidomobil von der Bildfläche verschwinden, desto schneller kann in Deutschland endlich das langerwartete Wirtschaftswunder passieren - wovon letzlich dann auch deren ursprüngliche Wähler profitieren würden.

     

    Aber versuchen sie mal die Gesetze der Marktwirtschaft Leuten nahezulegen, deren Aufgabe nicht darin besteht, Unternehmen Gewinne durch Produkte erwirtschaften zu lassen, sondern sich Boni einzusacken.

  • HL
    Hauke Laging

    @Josip:

     

    Das würde die FDP auch nicht retten. Die Presse würde sich noch mehr auf sie einschießen, sie würde – je nach Ausmaß – sogar für die Merkel-ohne-Koch-ohne-Mappus-CDU koalitionsunfähig, und vor allem würde sie damit leisten, was die SPD für die Grünen gemacht hat: Sie würden das Thema aufwerten – und die Wähler zum "Original" treiben, also zu einer Pro-Partei oder der "Freiheit". Der FDP glaubt eh keiner mehr irgendwas, warum die wählen, wenn das klarermaßen eh nur Wahlkampfschaumschlägerei ist? Im Ergebnis säßen dann womöglich die Populisten im Parlament. Die FDP stünde nicht besser da, aber die neue Fraktion würde auf Grund der Grburtshilfe an der FDP kleben wie was Braunes am Schuh.

     

    Die FDP kämpft jetzt schon mit Austritten. Was soll denn da übrigbleiben, wenn die aktuelle Mitgliederschaft derart gespalten wird? Welcher Arzt oder Unternehmer will sich denn als Nazi beschimpfen lassen?

  • J
    Josip

    Zur Frage wie die FDP wieder aus dem Umfragetief raus kommt und was sich Westerwelle über Weihnachten überlegen soll? Ganz einfach: Das Migrantenthema; seit Jahrzehnten ein faules, bewährtes As was von CDU/FDP immer wieder gezogen wird.

    Holt es raus. Im Land gibt es min. 40% Hater, die alles "Fremde" vernichtet sehen wollen.

    Das Thema ist doch mindesten 4 Wochen nicht mehr massiv in den Medien. Nicht das wir Migranten auch noch anfangen uns hier wohl zu fühlen.