HAMBURGER SZENE VON KLAUS IRLER : Um die 20
Sie stehen vor der Bühne des Live-Clubs Knust, sind um die 20, hip gekleidet und haben kein Problem, auf Englisch erzählte Geschichten zu verstehen. Während erzählt wird, trinken sie Wein oder Beck’s Lime. Wenn nicht erzählt wird, sondern gesungen, dann singen sie mit: lautlos, innig, nur für sich. Ihr Blick ist auf den jungen Mann auf der Bühne geheftet. Viel mehr andere junge Männer gibt es in der Umgebung auch nicht: Die 20-Jährigen im Knust sind an diesem Abend alle weiblich.
Es ist nichts Neues im Pop, dass ein Musiker ausschließlich weibliche Fans hat. Neu ist vielleicht, dass diese Fans nicht 15 sind, sondern Anfang 20. Neu ist auch das Angebot, das ihnen dieser Musiker macht: „Bei mir“, sagt er, „geht es um Charme.“
Der Musiker tritt auf unter dem Namen Wakey! Wakey!, kommt aus New York, trägt Holzfällerhemd und Vollbart und macht melancholische Pop-Songs, bei denen seine klassische Ausbildung und seine Liebe zu Billy Joel zu hören sind. Gut die Hälfte des Auftritts redet er, statt zu spielen: „You are so sexy“, sagt er. Und dass dieses Konzert zu den zehn größten Momenten seiner Karriere gehöre. Und dass er auf deutsch nur die Worte „ich und du“ könne. Zwischendurch lacht er über sich selbst und singt tröstend gemeinte Zeilen in Moll: „You should go home when your money’s all gone.“
Die Frauen wiegen sich zur Musik. Eine schreit: „You are sexy too!“ Fotografiert wird kaum an diesem Abend. Man ist schließlich keine 15 mehr.