: Ultima Ratio
betr.: „Gen unter Generalverdacht“, Kommentar von Annika Joeres, taz vom 21.04.04Dass die taz polizeilicher Arbeit mehr als kritisch gegenübersteht, ist kein Geheimnis. [...] Diesmal hat die Autorin den Bogen überspannt. Ihre Behauptungen sind schlicht und ergreifend falsch. Bei DNA-Untersuchungen im Rahmen so genannter Massentests, aber auch für die beim Bundeskriminalamt geführte DNA-Analyse-Datei wird lediglich ein Identifizierungsmuster erhoben, das nichts, aber auch gar nichts über die Persönlichkeit des Betroffenen aussagt. Das DNA-Muster ist ebenso harmlos wie der ganz normale Fingerabdruck. Beide geben keinerlei Aufschluss über Körpermerkmale oder gar Krankheiten. Richtig ist, dass das Geschlecht festgestellt wird. [...] Allerdings kann ich hierbei wirklich nichts Besonderes erkennen: Wenn im Bochumer Fall Männer gebeten werden „ihre Spucke abzugeben“, wird es kaum überraschen, wenn sich bei den Untersuchungen quasi als Abfallprodukt herausstellt, dass der Betroffene wirklich männlichen Geschlechts ist. [...] Bei Massentests werden die Speichelproben nach der Untersuchung vernichtet, das erhobene Identifizierungsmuster nach dem Abgleich mit der Spur ebenfalls. Ein Abgleich mit der DNA-Datei des BKA oder gar eine Speicherung in derselben erfolgen nicht. Gegenteilige Behauptungen und fast schon bösartige Unterstellungen werden durch ständiges Wiederholen nicht wahrer. Die Polizei scheut Kontrollen übrigens nicht. Selbstverständlich enthält genetisches Material viele auch sensible Informationen. Diese Bereiche werden jedoch durch die Polizei nicht untersucht, dürfen nicht untersucht werden. [...] Ich vermag nicht einzusehen, weshalb ich bei einer Vergewaltigung oder einem Mord etwaige Zeugen fragen darf, wie der Täter aussah, nicht aber die von ihm hinterlassenen Spuren. [...] Meine Kolleginnen und Kollegen werden aber einen Teufel tun, sich außerhalb unserer Gesetze zu bewegen. Der Massentest sollte die Ultima Ratio bleiben. [...] Der „genetische Fingerabdruck“ muss endlich wie der normale Fingerabdruck behandelt werden. Viele Verbrechen könnten verhindert werden.
Wolfgang Bauch, stellvertretender Bundesvorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter