: Ulk statt Muttermilch
■ Die SchlapplacHHalde begeht ihren zweiten Geburtstag in Frohsinn
Die SchlapplacHHalde wird zwei. Das bedeutet, sie müßte stubenrein und entwöhnt sein. Dr. Bertie und Lutz von Rosenberg-Lipinsky wagen allerdings zynisch zu fragen: Wovon? Hat doch Kulturmama Weiß gar keine Muttermilch zu geben.
Für Kabarett findet sich eben im Begriff von Subventionswürde der Kulturbehörde kein Raum. Ebenso wie Popmusik zählt die Zwerchfellmassage zu den kommerziellen Künsten, was in beiden Fällen oft die traurige Realität verkennt. Der Rückblick auf die bisher erfolgreich überlebten 319 Spielstunden ist deswegen erst recht des Feierns wert. Mal feinsinnig-spöttelnd wie bei Herrchens Frauchen, mal gewollt scherzhaft wie bei Hamburgs Quittjes Alma Hoppe kommt der Abend daher. Erwartungsgemäß kriegen alle und jedes ihr Fett weg.
Ganz vorne auf der Schlachtliste steht das haßgeliebte Opfer RTL. Gleich zweimal werden Programmgrößen wie Linda De Mol und Ilona Christen parodiert und persifliert. Käthe Lachmann und Zehn-Finger-Frank eröffnen den Abend mit der holländischen Erotik-Spielshow „Mein Steiß ist heiß“, in der sich Thomas und Seifenstückschnitzerin Marlis zum Plastiktütensammeln das Jawort geben.
Monty Arnold erzählt leider etwas langatmig die traurige Geschichte vom Sprachfehler der Saarländerin Chrischten und ihrem Eifer, alle Register ihres Wollens zu ziehen. Aber natürlich treten die Hausherren auch selber auf.
Lutz von Rosenberg-Lipinsky verrät sein Jungbrunnenrezept, wie man im Alter noch schön sein kann und, etwas grobsinnig, warum es verständlich ist, daß Margarethe Schreinemakers sich vemehren konnte. Dr. Bertie und seine Frau, die polypengegeißelte Belcanto-Sängerin Emmie, geben sich alle Mühe und Ehre. Ihre gemeinsamen Songs über das Leben im achten Stock in Steilshoop sind betulich rührend.
Der versöhnliche Knaller das Abends aber ist der Überraschungs- auftritt Jörg Maurers. Der Bayer mit Gitarre blödelt sich gekonnt vom G'stanzel mozartianischer Einfachheit über Ragtime, Gospel und Fuge. Wer also wissen will, was den großen bayerischen Heimatmusiker Bibergbacher Bibi mit Elvis und Frederic Chopin alias Fred Joplin, Janis' Opa, verbindet, und welche Rolle dabei der Song „Fever“ spielt, der muß sich heute und in den folgenden Tagen die Wiederholung der Geburtstagsshow ansehen.
Britt-Kristin Feldmann
Noch heute und morgen, 20.30 Uhr, SchlapplacHHalde
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen