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UgandaFeuer an den Königsgräbern

Inmitten einer gespannten politischen Lage gehen die historischen Grabstätten des größten ugandischen Königreiches in Flammen auf. Unruhen erschüttern die Hauptstadt.

Bild: simone schlindwein

Das Militär kennt kein Pardon: Kurz nachdem Ugandas Präsident Yoweri Museveni angekündigt hatte, den Tatort zu besuchen, stürmt das Militär die in der Nacht zuvor niedergebrannte Grabstätte der Buganda-Könige, hoch oben auf einem Hügel in Kampala, der Hauptstadt Ugandas. Schüsse hallen durch die Luft. In Panik laufen hunderte Männer, Frauen und Kinder den Hügel hinunter. Die blutige Bilanz: zwei Tote und 11 Schwerverletzte.

Dabei hatten sich die Männer und Frauen auf dem Hügel versammelt, um zu trauern. In der Nacht war dort die Grabstätte der Buganda-Könige abgebrannt. Hier liegen die Monarchen, die im 19. Jahrhundert vor der Kolonialzeit Buganda zu einem der mächtigsten Reiche Ostafrikas gemacht hatten. Das Königreich hat heute nur noch eine kulturelle Funktion, aber das Mausoleum mit dem Strohdach ist ein Unesco-Weltkulturerbe und seit 128 Jahren eine heilige Stätte: Vier Könige sind darin beerdigt. Trommeln, Speere, Schilder des alten Buganda-Königreichs werden hier verehrt. Alles was davon übrig ist, kehren nun die Grabwächterinnen mit Besen zusammen.

Nambi Kavebukasa, eine der Grabwächterinnen, kann kaum atmen. Die alte Frau liegt auf dem Boden neben den Königsgräbern. Jede Nacht bewacht sie die Särge, auch in der Nacht zum Mitwoch. Röchelnd berichtet sie: Zivil gekleidete Männer mit Waffen hätten das Strohdach in Brand gesetzt.

Feuer, hinten links erkennbar die Reste der abgebrannten Königsgräber. Bild: simone schlindwein

Schnell verbreitet sich das Gerücht von der Brandstiftung unter den aufgebrachten Jugendlichen. "Ihr habt unser Heiligtum angezündet", brüllt ein junger Mann einen Soldaten an. Ein andere stimmt mit ein: "Ihr wollt unsere Kultur vernichten". Die Stimmung wird aggressiv.

Dieser Zwischenfall heizt nun das ohnehin gespannte Verhältnis zwischen der Regierung Museveni und dem Volk der Baganda weiter an. Die Baganda sind die größte Ethnie in Uganda, sie leben hauptsächlich in der Hauptstadt Kampala. Präsident Museveni selbst ist von der Volksgruppe der Banyankole aus dem Westen des Landes. Seit Jahren fordern die Anhänger des Königs eine Föderalisierung Ugandas, mehr politische Kompetenzen für das Königtum und Kampala als offizielle Hauptstadt ihres Reiches, wie früher. Im September 2009 kam es blutigen Unruhen in Kampala mit über 20 Toten, nachdem Museveni dem König von Buganda verboten hatte, ein Jugendfest zu besuchen. Seitdem ist die Stimmung in Kampala gereizt, und vieles spricht dafür, dass Ugandas Wahlen 2011 nicht friedlich verlaufen werden. Am Tag vor dem Feuer in den Königsgräbern war es bereits an Kampalas Makarere-Universität zu Konflikten gekommen. Im Vorfeld der Wahlen zur Studentenvertretung stritten sich Kandidaten aus Kenia mit denen der Präsidentenpartei NRM (Nationale Widerstandsbewegung). Sicherheitsmänner erschossen zwei Studenten.

Als Präsident Museveni am späten Mittwoch vormittag an der Grabstätte eintrifft, singen die Baganda ihre Stammeshymne - ein Protest gegen Museveni. "Wieso ist es ein Verbrechen, ein Muganda zu sein?", ruft ein Sprechchor. Museveni verzieht keine Mine. Er begutachtet den Tatort und fährt dann wieder davon - ohne sich der wütenden Masse zu stellen.

Joseph Kanyonga ist außer sich. Der junge Mann verflucht den Präsidenten mit wüsten Worten: "Diese Regierung ist korrupt. Sie veruntreut unsere Gelder und unser Land. Und wir leben in Armut, ohne Jobs und ohne Land", tobt der frisch graduierte Buchhalter, der seit zwei Jahren verzweifelt eine Anstellung sucht.

Die Ursachen des Konflikts zwischen der Museveni-Regierung und den Baganda liegen tief. Nach 24 Jahren Museveni-Herrschaft muss die Jugend in der Hauptstadt feststellen: Das Leben wird schlechter. Straßen, Schienen und Stromleitungen bröseln auseinander. Gleichzeitig wohnen Musevenis Familienclan und seine Generäle in gigantischen Villen, fahren gewaltige Limousinen.

Konflikte um Land und Macht werden ethnisch ausgespielt, die Proteste der Baganda gegen die Zentralregierung sind nur ein Symptom davon. Doch eines, das gefährlich werden könnte. Denn plötzlich schreit jemand aus der Menge: "Der hier ist ein Munyankole" - ein Angehöriger von Musevenis Ethnie. Sofort prügelt ein Mob auf den jungen Mann ein. Selbst eine alte Grabwächterin schnappt sich einen Stock und holt aus. "Wir müssen die Banyakole aus der Hauptstadt vertreiben" schreit sie.

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6 Kommentare

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  • SS
    simone schlindwein

    Schienen gibt es sehr wohl und zwei Mal pro Tag fährt ein Transportzug von der Central Station an den Hafen am Victoriasee. Seit neuestem kann man auch mit einem Personenzug von Kampala nach Jinja fahren.

  • S
    Suuna

    Wo ich mich so kleinlich über Tippfehler der Autorin auslasse, sollte ich meinen eigenen natürlich auch verbessern: NRM!

  • S
    Sine

    Auch ich bin erschüttert, ich habe die Grabstätte 2008 besucht und war sehr beeindruckt.

    Übrigens hat Uganda natürlich Öl, viel sogar:

    http://www.taz.de/?id=start&art=2919&id=afrika-artikel&cHash=60f3d0dd79

  • U
    unbekannt

    Da es dort kein Öl gibt, interessiert sich die Welt leider nicht für diese Konflikte!

  • S
    Suuna

    Ich bin zutiefst erschüttert und hätte nicht gedacht, dass die NMR so weit gehen würde. Die Entwicklungen aus der Distanz beobachten zu müssen ist nicht einfach. Ich hoffe, dass Mengo besonnen bleibt und sich nicht provozieren lässt.

     

    Vielen Dank an die taz und Frau Schlindwein, dass sie etwas ausführlicher als andere deutsche Blätter berichtet und die Brandstiftung in einen Zusammenhang stellt.

     

    Kleiner Tippfehler bei der Makerere-Universität

  • VF
    Von Fern

    Es bleibt zu hoffen, dass sich heute Nacht die Unruhen nicht verschärfen. Immerhin ist ein Gewitter aufgezogen, das könnte die Gemüter beruhigen. Zumindest fur eine Stunde.

     

    Übrigens: Schienen gibt es in Uganda schon lange nicht mehr - auf jeden Fall keine, die von Personenzügen genutzt werden. Die Überreste des alten Schienennetzes bröckelt schon lange vor sich hin.