■ Ürdüs wahre Kolummne: Realisation Clever & Smart
Ach was muß man oft von blöden/Buben hören oder lesen! Das Blütenmagazin der erlebnisgastronomischen Kneipenkette Pflaumenbaum würdigte in seiner jüngsten Ausgabe die Großtat der Herren Thorsten, Carsten und Maik vom Michael Schumacher- Fanclub Herford. Dies hochmotorisierte Deppentrio legte in einer einzigen Nacht 550 Kilometer zurück, um zwischen Lippstadt, Hameln-Stadthagen und Nienburg sieben dieser System-Zapfstellen heimsuchen. Vermutlich war alles noch für einen guten Zweck und pro Kilometer geht ein Pfennig multipliziert mit der Zahl der getrunkenen Bierchen an die Aktion Sorgenkind. Würden Thorsten, Maik und Carsten die Dimensionen ihrer Tristesse auch nur annähernd begreifen: Glatt würden sie ins Lager der Ayrton Senna-Fans umsteigen und hätten das Elend dann hinter sich...
Lieber Leserbrief-Genosse-Horstel Langhorst! Meine tiefe Sympathie gilt Dir und allen anderen, die sich zwischen Frühstücksei und Arbeitsalltag noch an die alte Schreibmaschine aus dem VEB Gußeisen Robusta setzten, um die ebenso durchsichtige wie hinterfotzige Argumentation gegen die Wahlbeteiligung der bremischen PDS anzupragen, die teilweise in den Spalten dieser Heimatzeitung betrieben wird. Deine Schlußfolgerung „Jede Stimme für uns ist eine Aktion gegen die taz Bremen“ will ich nun aber doch überhört haben und empfehle Dir ansonsten die Lektüre eines beliebigen Jahresband „Neues Deutschland aus der Zeit, als die Anschlußgebiete noch jenseits von Mauer und Stacheldraht lagen. Is natürlich anstrengend, sicher!
Von der treuen Leserin Christiane R. wurde mir ein Prospekt der Fa. Park Immobilien Bremen übermittelt, darin abgebildet das Bildnis des Inhabers Andreas Piesbergen, hockend in einer Dachkammmer mit der einen Hand am Videospielknopf seines PC. Mit der anderen am Telefon, der Blick ungefähr so wie der eines Eintänzers beim Jugendpresseball und die Krawatte aus dem Altkleidersack des schlecht beleumdeten Sparkassenangestellten Friedrich Rebers. Kurz und schlecht, der Kerl schaut drein wie der stellvertretende Kassier des Fähnlein Oberneuland der Jungen Union und legt sich dann selbst die folgenden goldenen Worte in den energisch verkniffenen Mund: „Dienst am Kunden durch optimale und individuelle Beratung bei Vermittlung und Verkauf ist für mich keine Worthülse, sondern persönliches Anliegen.“ Und um die Häme vollzumachen; weist das Kleingedruckte auch noch auf die prospektverantwortliche Werbeagentur hin: Realisation Clever & Smart Traumtänzer über der Wolfsschlucht marktwirtschaftlicher Ordung. Zum Absturz verdammt und doch dynamisch. Rührend. Einfach rührend.
Wie schön, daß der WIR IM VIERTEL– Vordenker Stefan Schafheitin als Sachwalter des bio-gesunden Volksempfindens aus seiner menschenmüllfreien Zone jetzt mal den Horner Pfeffersäcken in ihrer Offensive gegen die Ansiedlung obdachloser Junkies humanitären Magerquark servieren kann. „Solange andere Stadtteile und ihre Bewohner (insbesondere das Viertel) dieses Problem für die ganze Stadt getragen haben, waren die Welt und die bremische Drogenpolitik für diese Bürger offenbar in Ordnung“. Lüge, alles Lüge! Solange dieser Freund sauberer Verhältnisse noch mit der Hal över-Fähre den Fluss überqueren kann, ohne vom weißen Hai in die Backen gebissen zu werden - solange ist nix in Ordnung. Apropos: Kandidiert eigentlich „Wir im Viertel“ wieder oder hat sich das mit den Listen der AFB erledigt?
Morgen feiert die Bewegung 1. April ihren Ehrentag und da werden die Sparkassenonkels Fritze Rebers und Ulli Nölle mit blankgeputzten Pfenningstücken vor die Penner unter den Rathausarkaden treten und einem jeden Mühseligen und Beladenen ein solches Geldstück zum Geschenk machen. Und dann wird der Roland von Bremen die Stadtmusikanten herbeipfeifen und die jagen dann die Räuber auf ihren krummen Zinsfüßen heraus aus der Stadt. Danach wird sein Freude und Frieden in allen Gassen, vegetarische Ochsen drehen sich am Spieß, der Löwe schmiegt sich ans Lamm und im Frauenkulturhaus schält das Männerbüro die Kartoffeln. Die Welt wird edler von Tag zu Tag und Konsul Grabbe stiftet der PKK 100 Interhomes für zerbombte Flüchtlingslager. Wetten daß? Ulrich Reineking- Bindestrich
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