Überwachung in U-Bahnhöfen: Die vielen Augen der Verkehrsbetriebe

Die BVG filmt mit 2.370 Kameras - und es sollen noch viel mehr werden. Nutzen bleibt vage.

Die BVG sieht alles - keine Kunst mit 2.370 Kameras Bild: ap

Auf Berliner U-Bahnhöfen sind 935 Videokameras installiert, in den Fahrzeugen der BVG finden sich 1.435 Geräte. Damit sind alle U-Bahnhöfe, 31 Prozent der U-Bahn-Wagen, 68 Prozent aller Busse und 28 Prozent aller Trambahnen abgedeckt. Das geht aus der Antwort der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf eine kleine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Benedikt Lux hervor. Bis 2013 sollen alle U-Bahn-Wagen mit tausenden zusätzlichen Videokameras ausgerüstet werden, denn nur so werde "die volle präventive Wirkung entfaltet", schreibt Staatssekretärin Maria Krautzberger.

Genutzt werden die Videos allerdings kaum. Solange keine Anzeige eingeht, die eine Auswertung erforderlich machen würde, bleiben die Bilder aus Bussen, Trams und U-Bahnen unter Verschluss. Nur die Bilder der Kameras in den U-Bahnhöfen laufen in einer Sicherheitsleitstelle zusammen, die aber nach Angaben der BVG im Regelfall nur mit zwei bis drei Personen besetzt ist. "In Notfällen können wir uns von dort schnell ein Bild von der Situation vor Ort machen und die Einsätze koordinieren", erklärt Klaus Wazlak von der BVG. Alles Weitergehende, wie die Verfolgung aufgezeichneter Straftaten, erledige die Polizei, die die Bilder bei Bedarf anfordern kann.

Wer Zugriff auf die 24 Stunden lang gespeicherten Videos hat und wie die Daten vor Missbrauch geschützt werden sollen, wurde in einem Sicherheitskonzept festgelegt, das nicht öffentlich einsehbar ist. Das Büro des Berliner Datenschutzbeauftragten habe das Konzept zwar geprüft, "aber für eine regelmäßige Kontrolle der Überwachungspraxis fehlen die Ressourcen und der Anlass", so Hanns-Wilhelm Heibey, der Stellvertreter des Datenschutzbeauftragten.

Unabhängig von der Ausgestaltung bleibt es fraglich, ob die Videoüberwachung überhaupt sinnvoll ist. Bei einer derart starken Beeinträchtigung der Persönlichkeitsrechte, "muss natürlich der Nachweis erbracht werden, dass das Instrument etwas nützt", stellt Datenschützer Heibey fest. Ein derartiger Nachweis ist nicht in Sicht.

Eine Evaluation des Senats zur Effektivität der Videoüberwachung wird bis zum 31. Januar erwartet. Welche Rolle die Kameras bei Veränderungen in der Kriminalitätsbelastung spielen, sei dennoch "polizeilich nicht einzuschätzen", so Innensenator Ehrhart Körting auf eine ältere kleine Anfrage des Abgeordneten Lux (taz berichtete).

Eine weitere Studie, von der BVG bei einem unabhängigen Institut in Auftrag gegeben, wurde Ende 2006 abgebrochen. Im Zwischenbericht wird der Maßnahme ein schlechtes Zeugnis ausgestellt: "Die Videoüberwachung führte nicht zu einer sinkenden Kriminalitätsrate" und auch "für die Aufklärung von Sachbeschädigungen wie Graffiti oder Vandalismus spielen die Videoaufzeichnungen praktisch keine Rolle", so die Autoren. Die BVG habe die Evaluation gestoppt, "weil denen die Ergebnisse nicht gepasst haben", sagt Datenschützer Heibey. "Dabei war die Durchführung einer wissenschaftlichen Studie eine grundlegende Bedingung für unsere Zustimmung zum Ausbau der Videoüberwachung", so Heibey weiter. Eine solche Studie sei nicht nötig, so Klaus Wazlak von der BVG. Es würden im laufenden Betrieb genug Erfahrungen gesammelt. "Aus unserer Sicht ist die Überwachung erfolgreich", sagt er.

Auch die angedachte Evaluation des zukünftigen Modellbahnhofs für Videoüberwachung, des Kottbusser Tors, soll ohne unabhängige Experten durchgeführt werden. Der Senat hat damit kein Problem: Eine derartige Objektivierung sei "nicht erforderlich", schreibt Krautzberger von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. "Die haben Angst, dass sich herausstellt, dass die Videoüberwachung nutzlos ist", meint Benedikt Lux, innenpolitischer Sprecher der Grünen im Abgeordnetenhaus.

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