: „Überraschend hoch“
■ AKW Krümmel: Radioaktivität freigesetzt? / Experten sind ratlos
Trotz eindeutiger Stellungnahme des Darmstädter Ökoinstituts und des Kieler Energieministeriums: Der Streit darum, ob das am Freitag wieder in Betrieb gegangene AKW Krümmel für die Häufung von Blutkrebs-Fällen in der Elbmarsch verantwortlich ist, geht weiter. Sechs Mitglieder der „Fachkommission für Leukämieaufklärung“, darunter die Bremer Physikerin Inge Schmitz-Feuerhake, bezeichneten es am Sonntag als „verantwortungslos“, daß der Kieler Energieminister Claus Möller grünes Licht zum Wiederanfahren des Reaktors gegeben hat.
Grund der Kritik: 1987 sollen nach Angaben der Krümmel-Betreiber 97 Meßinstrumente, sogenannte Dosimeter, durch einen Gerätedefekt unbrauchbar geworden seien, so daß für das gesamte Jahr Strahlen-Meßwerte verlorengingen. Zudem zeigten zwei auf dem Dach des Maschinenhauses angebrachte Dosimeter in den Jahren 1984, 1985 und 1988 erheblich erhöhte Strahlenmeßwerte an. Für Schmitz-Feuerhake und die anderen Kommissionsmitglieder ein Beleg dafür, daß es in diesen Jahren zu einer ungenehmigten Freisetzung radioaktiver Edelgase gekommen sei.
Auch für das Kieler Energieministerium bleiben die „überraschend hohen“ Werte „unplausibel und konnten nicht aufgeklärt werden“. Allerdings ständen die Ergebnisse aller anderen Meßinstrumente im krassen Widerspruch zu den Werten der beiden Dosimeter, so daß „die Vielzahl aller Meßwerte eine Deutung dieser zwei Einzelwerte als Beleg für die Edelgasthese nicht“ zulasse. Auch Lothar Hahn vom Ökoinstitut Darmstadt bestätigt: „Wir haben die Edelgas-These untersucht und keine überhöhten Emissionen feststellen können“. Marco Carini
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