Überleben in Berlin (9 und Schluss). Der Biber: Durchgebissen bis zum Kanzleramt

Nach seiner zweiten Karriere als Werbefigur erobert der Biber längst verlorenes Terrain zurück und baut Höhlen am Landwehrkanal.

Die Großstadt verdrängt viele Tier- und Pflanzenarten. Andere gewöhnen sich an den Trubel - und lassen sich hier nieder. Parallel zur Biodiversitätskonferenz der Vereinten Nationen in Bonn stellte die taz einige bemerkenswerte Berliner vor. Mit der heutigen Folge endet die Serie.

Es ist absurd: Seitdem es den Biber in unseren Gefilden kaum noch gibt, gilt er als sympathisches Tier. Von Baumärkten und Zahnpastaherstellern als Werbemaskottchen verwurstet, wurde er uns nachhaltig medial vor die Augen geführt - in freier Wildbahn ist er aber der absolute Exot. Wegen seines Fells, seines Appetits auf Baumrinden und des Dammbaus wurde er bis in das 20. Jahrhundert hinein gejagt. Etwa seit den 20er-Jahren steht er unter Artenschutz.

In Berlin beginnen sich wieder Populationen des Nagers zu verbreiten. Eingewandert sind sie von der Elbe, wo sich einige Populationen dauerhaft halten konnten. Manfred Krauß vom BUND ist ständig im Berliner Raum unterwegs und hält Ausschau nach dem raren Tier: "Dass der Biber so anpassungsfähig ist, hätte nie jemand gedacht. Mittlerweile sind es hier bei uns bis zu 30 Exemplare". Sie leben zum Großteil an der unteren und oberen Havel, einige sind auch am Müggelsee heimisch geworden. "Dort finden sie ideale Bedingungen und werden vom Menschen nicht gestört", sagt Krauß.

Mit seinem scharfen Gebiss fällt er Bäume bis zu 50 cm Durchmesser, um an die Rinde zu kommen. Sein Fell ist im Vergleich zum menschlichen Haupthaar 40-mal so dicht und isoliert gut gegen Nässe und Kälte. Sein Schwanz, auch Kelle genannt, dient in erster Linie als Ruder, nebenbei zum Temperaturausgleich und in schlechten Zeiten als Fettreservoir. Biber sind monogam und leben im familiären Verbund von drei Generationen zusammen. Die von Geburt her wasserscheuen Biberbabys werden nicht gerade kuschelpädagogisch von ihren Eltern an das kühle Nass gewöhnt.

"Die Jungtiere tauchen in der Innenstadt auf, denn sie sind auf der Suche nach Nahrung und einem neuen Revier", sagt Experte Krauß. So wurden etwa Spuren am Landwehrkanal entdeckt und sogar bis zum Bundeskanzleramt hat sich das ausschweifende Tier bereits durchgebissen. Als Behausung bauen Biber teilweise mehrere Burgen aus Holz und Geäst oder graben sich Höhlen, wenn die Uferböschung steil ist. Der Zugang liegt unter Wasser, damit keine Feinde eindringen. Auf seinem Speiseplan steht besonders die Rinde von Weichhölzern, ganz oben die Zitterpappel als Leibgericht, gefolgt von Erlen und Weiden. Aber auch Laub, Knospen und Äste scheinen ihm zu munden.

"Der Biber ist eines von 34 Exemplaren aus Fauna und Flora, die in Berlin zu den Zielarten des Biotopverbund-Projekts gehören", erklärt Derk Ehlert von der Naturschutzbehörde des Landes Berlin. Um seine Wanderrouten bedarfsgerechter zu gestalten, könnten in Zukunft in kanalisierten Flussläufen Biberstiegen geschaffen werden. Wie jede Initiative braucht auch das Biotop-Projekt ein Gesicht, ein Logo. Bei der Wahl zur Galionsfigur hat der Biber das Rennen gemacht, freut sich Ehlert. Im Hinblick auf die jahrelange Erfahrung des Holzfällers im Medienbereich wohl eine naheliegende Wahl.

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