Überfall auf russischen Journalisten: Ins Koma geprügelt
Erneut wurde ein russischer Journalist brutal überfallen. Nachbarn fanden ihn blutüberströmt in der Nähe seiner Wohnung. Die Täter sind unbekannt und werden es wohl bleiben.
In Russland ist erneut ein Journalist angegriffen und schwer verletzt worden. Mitte vergangener Woche war Michail Beketow, Besitzer und Chefredakteur der Chimskaja Prawda, bewusstlos und blutüberströmt von Nachbarn in der Nähe seiner Wohnung im Moskauer Vorort Chimki aufgefunden worden. Bei dem brutalen Überfall erlitt er unter anderem eine schwere Gehirnerschütterung sowie zahlreiche Knochenbrüche. Beketow liegt derzeit im Koma, ein Bein musste amputiert werden. Eine weitere Operation steht ihm bevor. Laut Reporter ohne Grenzen haben Verwandte von Beketow um seine Verlegung von Chimki nach Moskau gebeten, nachdem sie telefonisch Morddrohungen gegen Beketow erhalten hatten.
Der Journalist hatte sich mit kritischer Berichterstattung über Korruption in den Behörden von Chimki profiliert. Zudem kämpfte er gegen die Abholzung eines 1.000 Hektar großen Waldstücks, das einer Schnellstraße von Moskau nach Sankt Petersburg weichen soll.
Im Frühjahr 2007 prangerte Beketow die Art und Weise der Verlegung einer Grabstätte von sechs im Zweiten Weltkrieg gefallenen Piloten an. Daraufhin wurde er bedroht, sein Auto in Brand gesteckt, und im Februar wurde er wegen Diffamierung und Verleumdung angeklagt.
"Ich bin erschüttert vom Anschlag auf Beketow. Doch ich fürchte, es wird nicht der letzte Anschlag dieser Art sein", sagt Swetlana Gannuschkina von der russischen Menschenrechtsorganisation Memorial. "Der Anschlag zeigt, mit welchen Gefahren Menschen in Russland rechnen müssen, Journalisten, Anwälte, Oppositionspolitiker, die die Machthabenden kritisieren."
In einem offenen Brief wandte sich die Umweltorganisation Ekoborona jetzt an Russlands Präsidenten Dmitri Medwedjew. Der Anschlag auf Beketow habe eindeutig mit seiner Tätigkeit als Journalist und seinem Einsatz für den Wald in Chimki zu tun, heißt es darin. Zudem wird der Staatschef, der im Wahlkampf für die Stärkung des Rechtsstaats eingetreten ist, aufgefordert, die Ermittlungen im Fall Beketow persönlich zu überwachen.
Wohl ein frommer Wunsch. Attacken auf unbotmäßige Journalisten, nicht selten auch mit tödlichem Ausgang, sind in Russland an der Tagesordnung. Nur selten kommt es zu Verurteilungen. BARBARA OERTEL
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!