ÜBERLEGUNGEN AM KLO : Besser abschließen
„Hab vergessen abzuschließen!“, deklariert die Frau in der Kabine und drückt von innen gegen die Tür. „Ah“, sag ich und wende mich ab. Grün statt rot im Schildchenfeld – wie kann man nicht abschließen auf Klos? Und dann auch noch so unbesorgt klingen, als wäre nichts dabei? Wirklich, das ist mir zu hoch.
Links wird ’ne andere Kabine frei, aber ich geh nicht rein. Ich warte jetzt auf die Frau mit der fröhlichen Stimme. Wie sieht die aus? Was ist ihr Geheimnis? Ich will das auch können, eines Tages: Auf Klos sitzen, ohne dass es mich kümmert, ob wer reinplatzen könnte zu mir.
Ich denke mit Grausen an Amiland; schon auf dem Flughafen ist es da komisch: überall Kabinentüren mit Lücke drumrum. Unten und oben ginge ja noch, aber dann auch noch rechts und links – zwei Zentimeter war Platz zwischen Rahmen und Tür; ich konnte die Damen beim Schminken vorm Spiegel bestaunen und sie mich mit Hose heruntergelassen. Dabei haben’s die dort doch sonst eher nicht so mit FKK und Freizügigkeit.
„Kapier ich nicht“, sagte ich zu meiner Freundin. „Stört dich das nicht?“ Sie wusste nicht gleich, wovon ich rede. Erst als ich einen Finger durch eine der Ritzen steckte, fiel es ihr auf. Aber stören tat es sie nicht. „Warum nicht?“, fragte ich mich und frage ich mich auch jetzt. Vielleicht krieg ich’s ja endlich mal raus.
Ich schaue in den Gang mit den Kabinen. Drei Frauen muss ich abwarten, bevor die Fröhliche kommt. Eine Brille hat sie. Liegt’s daran? Nee, denk ich, meine Freundin hat keine. Aber die Haare, da gibt es schon Ähnlichkeiten: lang und braun. So wären auch meine, ließe ich sie wachsen. Nur dauert das Jahre und vielleicht sind sie ja eh schon längst grau. Sehe ich ja nicht, so kurz, wie ich die immer rasiere. Nee, denk ich, doch lieber nicht. Lieber kein Grau riskieren. Lieber so bleiben, wie ich jetzt bin. Und dafür immer schön abschließen.
JOEY JUSCHKA