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Archiv-Artikel

ÜBER DAS ABENTEUER, IN POLEN EINEN FERNSEHER ABZUMELDEN Mir geht ein Licht auf

Mit der Kündigungsbestätigung kam die nächste Rechnung

VON GABRIELE LESSER

Polen lieben es absurd. Gemäß dem Motto „Warum einfach, wenn’s auch kompliziert geht?“ gerät beispielsweise die Abmeldung eines Fernsehers zu einem grotesken Spektakel. Mir schwante schon, dass es schwierig werden könnte, hatte ich doch vor Jahren den Vertrag nicht selbst unterschreiben können. Die Nummer in meinem Reisepass war zu lang für das Anmeldeformular. „Malen wir doch die drei fehlenden Kästchen dazu und schreiben da die Nummern rein“, schlug ich damals pragmatisch vor. Der Techniker, der die Satellitenschüssel schon montiert hatte, bekam einen hochroten Kopf: „Das ist doch Betrug!“

In diesem Moment klingelte meine Nachbarin. Er fragte sie sofort: „Haben Sie einen polnischen Pass?“ Sie nickte leicht verwundert. Fünf Minuten später waren die beiden sich einig geworden. Sie unterschrieb den Vertrag. Die Nummer in ihrem Pass war formulargerecht kurz. Der Techniker zog zufrieden seiner Wege. Die Nachbarin bekam einen Kaffee von mir. Und ich hatte einen funktionierenden Fernsehanschluss.

Doch nun wollte ich den TV-Programm-Anbieter wechseln, da immer häufiger das hämisch-gelbe „Kein Signal“ aufleuchtete. Doch die Nachbarin war längst umgezogen, hatte geheiratet und den Namen ihres Mannes angenommen. Wie sollte ich sie finden? Ich rief alle Warschauer Nummern mit ihrem Mädchennamen an. Am Ende landete ich tatsächlich bei ihren Eltern. Und damit auch bei meiner Ex-Nachbarin. Unsren damaligen Fernsehdeal hatte sie längst vergessen, wusste aber sofort, was zu tun war: „Ich kündige unter meinem Mädchennamen und mit deiner Adresse.“ Gesagt, getan.

Doch mit der Kündigungsbestätigung kam die nächste Rechnung. Irritiert rief ich bei der Servicenummer an: „Ich habe gekündigt. Wieso bekomme ich jetzt eine doppelt so hohe Rechnung?“ Der Berater: „Wie heißen Sie?“ Ich nuschle irgendetwas und hänge sofort die Kundennummer meiner Nachbarin an. Der Berater tippt die Nummer ein: „Sie bekommen eine höhere Rechnung, weil Sie gekündigt haben.“ Ich schlucke. „Eigentlich wollte ich nichts mehr zahlen nach der Kündigung.“ Routiniert freundlich antwortet die Stimme: „Wir haben ein neues Servicepaket für Sie freigeschaltet.“ Ich springe auf, gestikuliere: „Hören Sie! Ich brauche kein neues Servicepaket. Ich empfange gar kein Programm mehr von Ihnen.“ Ungerührt antwortet der Mann: „Sie haben die Karte vergessen. Die Karte gibt Ihnen das Recht, das Programmsignal zu empfangen.“ Ich starre den Hörer an, als könnte ich am anderen Ende der Leitung diesen Hallodri sehen. In Zeitlupe erkläre ich: „Ich habe gekündigt.“ – Pause. – „Ich habe kein neues Servicepaket geordert.“ – Pause. – „Ich will kein Programm mehr und ich kann die Karte sofort zurückgeben.“ Verärgert blökt er zurück: „Wenn Sie nicht zahlen, schalten wir das Signal ab!“ Ich lache: „Echt?“ Mir geht ein Licht auf. So geht das also. „Vielen Dank“, sage ich beschwingt. „Sie haben mir sehr geholfen.“