USA und Kuba: Vom Klassenfeind zum Handelspartner
Die Beziehungen zwischen Kuba und den USA im Wandel: Die Amerikaner sind mittlerweiler der fünftgrößte Abnehmer kubanischer Exporte wie Reis, Bohnen, Huhn.
HAMBURG taz Pedro Alvárez ist ein umtriebiger Mann. Kaum ein Monat vergeht, in dem der einflussreiche Manager der kubanischen Importgesellschaft Alimport nicht einen Vertrag über die Lieferung von Lebensmitteln nach Kuba unterzeichnet - gerne mit US-Unternehmen, die regelmäßig nach Kuba kommen, um mit dem Chefeinkäufer der Insel zu verhandeln.
Vornehmlich im Frühjahr und zur Internationalen Messe im November trudeln Landwirtschaftssekretäre aus den US-Bundesstaaten, Branchenvertreter und Agenten der Lebensmittelfirmen in Havanna ein, um Lieferverträge auszuhandeln. Dann ist Pedro Alvárez in seinem Element, denn der Medienprofi lässt kaum eine Chance aus, auf den wachsenden amerikanisch-kubanischen Handel hinzuweisen. Der summierte sich 2007 auf 582 Millionen US-Dollar, wie das Nationale Statistische Amt (One) gerade in seinem Jahresbericht 2007 veröffentlichte.
Mit diesem Exportvolumen rangieren die USA nach Venezuela, China, Kanada und Spanien auf Rang fünf der kubanischen Außenhandelsstatistik. Nicht schlecht für den Klassenfeind, der bis ins Jahr 2000 in den Handelsstatistiken Kubas gar nicht auftauchte. Dann lockerte der US-Kongress auf Druck der Agrarlobby das Handelsembargo und erlaubte den Export von Reis, Bohnen und Huhn. Seitdem steigen die Lebensmittelexporte aus den USA von Jahr zu Jahr. Und wahrscheinlich würde Kuba noch mehr dort ordern, wenn die Ware nicht cash und obendrein vorab bezahlt werden müsste.
Barzahlung ist seit Beginn der US-Exporte für die Kubaner Pflicht, denn Kredite für den ungeliebten Handelspartner hat die politische US-Administration nicht vorgesehen. In den USA ist man ohnehin nicht sonderlich amused über den steigenden Handelsaustausch und das damit verbundene Reiseaufkommen nach Kuba. Ein Grund, weshalb das Finanzministerium 2005 verfügte, dass sämtliche Lieferungen vor Auslaufen der Schiffe bezahlt werden müssen.
"In der Praxis macht die Regierung es uns so schwer wie möglich", kritisiert Kirby Jones, Präsident der US-kubanischen Handelsvereinigung. Die weiß allerdings neben den Agrarunternehmen des Landes eine ganze Reihe von Branchen hinter sich, die Lobbyarbeit gegen das seit 1961 bestehende Handelsembargo machen. Dazu gehört auch die Ölindustrie, denn Unternehmen wie Halliburton würden nur zu gern vor der kubanischen Küste nach dem schwarzen Gold bohren. Aber auch die Pharmaindustrie, die Reisebranche oder die Stahlunternehmen knüpfen Kontakt zu Kuba, und Pedro Alvárez dient dabei nur zu gern als Katalysator. Ginge es nach ihm, würden die USA weiter vorn in der Außenhandelsstatistik rangieren, denn die geografische Nähe "mache die beiden Länder nun einmal zu natürlichen Handelspartnern". Das sehen auch Experten vom Inter American Dialogue in Washington so. Laut Analyst Dan Erikson werde die Logik des Handels über politische Feindseligkeiten triumphieren.
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