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USA stellen Wirtschaftshilfe an Peru ein

■ Fujimori setzt nach seinem Staatsstreich ein Notstandskabinett ein/ Pressezensur und Verhaftungen

Lima (ap/afp/dpa/taz) — Nach der Auflösung des Parlaments und der Aufhebung der Verfassung setzte der peruanische Präsident Alberto Fujimori am Montag abend ein sogenanntes „Notstandskabinett“ unter dem neuen Ministerpräsidenten Oscar de la Puente ein und verhängte eine Pressezensur. Der bisherige Wohnungsbauminister löst Alfonso de los Heros ab, der aus Protest gegen die Auflösung des Parlaments und die Aussetzung der Verfassung mit seinem Kabinett zurückgetreten war. Die Generale Victor Malca und Juan Briones, die das Verteidigungs- beziehungsweise das Innenministerium leiten, wurden in ihrem Amt bestätigt.

Während der Vereidigung der Minister im Präsidentenpalast verhinderten die Sicherheitskräfte ein Treffen einer Gruppe von Parlamentariern, die Fujimori für abgesetzt erklären wollten. Soldaten schossen Salven in die Luft und zerstreuten Schaulustige, Abgeordnete und Journalisten mit Tränengas. Mindestens zwei Mandatsträger wurden geschlagen.

Nach der Festnahme der Vorsitzenden der beiden Parlamentskammern sind am Montag zwei Minister unter dem ehemaligen sozialdemokratischen Staatschef Alan Garcia, der selber unter Hausarrest steht, in Polizeigewahrsam genommen worden. Auch Abgeordnete der linken Oppositionsparteien sowie Angehörige der peruanischen Gewerkschaftszentrale CGTP wurden von Sicherheitskräften festgenommen. Inhaftiert wurde ebenfalls der Korrespondent der spanischen Zeitung 'El Pais‘, Gustavo Gorriti.

Senatspräsident Felipe Osterling kündigte in dem kolumbianischen Rundfunksender Caracol die Einberufung des Parlaments an, um Fujimori auf legalem Wege abzusetzen. Er sei „moralisch unfähig“, weiterhin als peruanischer Staatschef zu amtieren, erklärte der christdemokratische Politiker.

Die US-Regierung setzte unterdessen mit sofortiger Wirkung ihre Wirtschafts- und Militärhilfe für das lateinamerikanische Land aus. Von den 237 Millionen Dollar Hilfe für 1991 insgesamt sind 30 Millionen Dollar Wirtschaftshilfe und 15 Millionen Dollar Militärhilfe noch nicht ausgezahlt. Für das Haushaltsjahr 1992 sind 275 Dollar vorgesehen.

Die deutsche Bundesregierung will ihre entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit dem südamerikanischen Land überprüfen. „Sie erwartet, daß die peruanische Regierung die Voraussetzung für eine uneingeschränkte Zusammenarbeit rasch wiederherstellt“, erklärte ein Sprecher des Auswärtigen Amts am Dienstag auf Anfrage. Die strikte Einhaltung der Menschenrechte seien die Grundlage der entwicklungspolitischen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Peru. Die SPD forderte die Bundesregierung auf, Entwicklungshilfekredite in Höhe von 243 Millionen Mark unverzüglich einzufrieren.

Die Bundesregierung hatte erst im vergangenen Jahr nach fünfjähriger Pause die finanzielle Zusammenarbeit mit Peru wieder aufgenommen.

Der ständige Rat der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) beschloß die Einberufung einer Sondersitzung der 34 OAS-Außenminister, ohne jedoch zunächst einen Termin festzulegen. Das Gremium verabschiedete eine Resolution, in der von „tiefer Beunruhigung“ über die peruanischen Ereignisse die Rede ist und eine Wiedereinsetzung der demokratischen Institutionen gefordert wird. Der peruanische Delegierte Luis Marchand nahm an der Abstimmung nicht teil.

Japans Ministerpräsident Kiichi Miyazawa sagte am Dienstag, sein Land beabsichtige zur Zeit nicht, die Wirtschaftshilfe für Peru einzustellen. Miyazawa sprach von einer „ernsten Lage“ in Peru, die sich hoffentlich bald normalisieren werde. Japan unterhält privilegierte Beziehungen zu dem lateinamerikanischen Land, seit Fujimori, der Sohn japanischer Einwanderer in Peru, 1990 Präsident wurde. Fujimori hatte während seines Besuchs in Tokio im März von der japanischen Regierung eine Zusage über weitere Hilfeleistungen in Höhe von insgesamt 127 Millionen Dollar erhalten — zusätzlich zu den 400 Millionen Dollar, die bereits im Dezember 1991 gewährt worden waren.

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