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USA setzen sich für Homo-Rechte einImmer auf die anderen zeigen

Die USA wollen sich mit der Vergabe von Entwicklungshilfe künftig für Schwule und Lesben einsetzen. Aber was ist mit den Rechten Homosexueller in den USA?

Sie haben Fakten geschaffen, die Cowboys vom Brokeback Mountain. Bild: ap

Hillary Clinton ist die Lady Gaga der Obama-Administration. Während die Popikone ins Weiße Haus eingeladen wird, um über ihre Anti-Mobbing-Kampagne zu plaudern, tritt die US-Außenministerin ebenso medienwirksam auf, um für mehr Gleichberechtigung weltweit zu werben. Die Vergabe von Entwicklungshilfe soll künftig auch daran geknüpft werden, so Clinton, wie die Empfängerländer mit Homosexuellen umgehen.

Die US-Botschaften in den entsprechenden Ländern werden angewiesen, die dortigen Regierungen zu animieren, diskriminierende Gesetze zu reformieren oder abzuschaffen. "Homo-Rechte sind Menschenrechte", sagte Clinton auf einer Veranstaltung in Genf. Schöne Worte, zunächst. Auch wichtige Worte, natürlich.

Jeder Druck auf Staaten, in denen Homosexuelle keine oder kaum Rechte haben, wo Aktivisten niedergeknüppelt und Demonstrationen verboten werden, ist gut. "Der Kampf, Diskriminierungen gegen Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transsexuelle zu beenden, ist eine globale Herausforderung, die im Streben der USA, Menschenrechte zu stärken, eine zentrale Stellung einnimmt", wird Präsident Barack Obama in jenem "Faktenblatt" zitiert, das die künftige Linie vorgibt.

Kenia leichter anzuprangern als Kansas

Fakt ist aber auch: Homophobe Länder wie Kenia sind sehr viel leichter anzuprangern als etwa Kansas. Die Homoehe in den USA gibt es in lediglich 6 von 50 Bundesstaaten. Auf Bundesebene definiert der "Defense of Marriage Act" von 1996 die Ehe als einen Bund zwischen Mann und Frau. Es versagt den Partnern von Schwulen und Lesben außerdem, Leistungen vom Staat zu beziehen. Soziale Absicherung, Pensionen, Hinterbliebenenrente - homosexuelle Paare bleiben außen vor.

Im US-Bundesstaat Kalifornien, dem gemeinhin das Label liberal anhaftet, konnten Schwule und Lesben 2008 knapp fünf Monate lang heiraten, bis eine Mehrheit der Bürger sich per Volksentscheid dafür aussprach, die kalifornische Verfassung so zu ändern, dass nur heterosexuelle Partnerschaften als Ehe anerkannt werden. Der Streit zwischen Gegnern und Befürwortern wird wohl vor dem Obersten Gerichtshof landen.

Lady Gaga startete ihre Anti-Mobbing-Initiative, nachdem sich ein 14-jähriger Fan das Leben genommen hatte - Schwulsein kam nicht an auf der Highschool. Sexuell anders orientiert zu sein ist in den USA, einem Land, das aufgrund seiner Historie eigentlich von der Vielfalt lebt, in vielen Gesellschaftsschichten immer noch verpönt. Und es ist nicht nur die christliche Rechte, die Homosexualität als "krank" abtut.

Republikanische Politiker bedienen ihre Wählerklientel mit wortreichen Ausführungen zum Wert der Familie, nicht selten mit einem Verweis auf die Bibel. Die Republikanerin Michele Bachmann, die bei den Wahlen im Herbst 2012 gegen Obama antreten will, fordert ein Verbot der Homoehen. Ins Weltbild des durchschnittlichen Konservativen wollen Schwule und Lesben oft genug nicht so recht passen.

Patriotischer Stolz ausschließlich hetero

Kaum eine Regelung illustriert das besser als "Don't ask, don't tell", die Obama nach einer Abstimmung im Kongress per Gesetz im Sommer aufgehoben hatte. "Frag nicht und erzähl es nicht" war das Credo der US-Armee, wenn es um homosexuelle Soldatinnen ging. Der patriotische Stolz des Landes war über Jahrzehnte hinweg nach außen ausschließlich heterosexuell. Nachdem "Don't ask, don't tell" endlich nichtig war, beeilte sich das Pentagon zu betonen, man brauche Zeit, um die Truppe auf die veränderte Situation vorzubereiten. Realitäten können hart sein.

Und sie sind es, die Obamas politisches Handeln erklären, das zwar ambitioniert, aber in letzter Konsequenz wenig zwingend ist. Gewählt auch dank der Stimmen der homosexuellen Community, hat er aus Sicht der Aktivisten seit seinem Amtsantritt zu wenig getan, um die Gleichstellung von Schwulen und Lesben wirklich voranzutreiben.

Für den Wahlkampf 2012 braucht es daher nicht nur die Abschaffung von "Dont ask, dont tell", sondern auch eine Lady Gaga im Weißen Haus und eine Hillary Clinton, um sich die Stimmen zu sichern. Gleichzeitig ist der Fingerzeig auf andere Länder harmlos genug, um die Wähler der Mitte nicht zu verschrecken. Fakten werden so nicht geschaffen - weder in Kenia noch in Kansas.

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10 Kommentare

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  • F
    flipper

    Guter Artkel, peinliche Kommentare.

    Natürlich ist jeder Einsatz für mehr Toleranz gut und richtig. Aber die US-Bigotterie hat nunmal Tradition, und das Auzusprechen ist richtig und heißt noch lange nicht, die Diskriminierung im eigenen Land nicht zu sehen oder die USA mit Kenia gleichzusetzen.

  • SH
    Sarah H.

    Hillary R. Clinton als Lady Gaga der Obama-Regierung zu verhöhnen, ist im besten Fall schamlos zur Schau getragene Unkenntnis ihrer Biografie und eine unangemessene Selbsterhöhung als Journalistin. Und einen flacheren Kalauer als Brokeback Mountain hatte man nicht zu bieten? Selbstverständlich hat sich Clinton mit selbstkritischen Äußerungen zu ihrem Land in ihrer Rede bereits sehr weit aus dem Fenster gelehnt und mit ihren Ansichten zu Religion und der Bedeutung "religiöser Ansichten" versus "unrelativierbare Menschenrechte" erneut viele Feinde auch im eigenen Land geschaffen. Angesichts der Situation von LGBTs weltweit, LGBT-Rechte auf die außenpolitische Agenda zu setzen, ist ein Meilenstein der Menschenrechtsgeschichte. Faktisch ist die Rede als historischer Meilenstein für LGBT-Menschenrechte weltweit zu bezeichnen. Das kann man auch einfach mal anerkennen, anstatt sich in reflexhafter USA-Kritik und stichwortartiger Oberflächlichkeit zu baden. Der Kansas/Kenia-Vergleich ist unterirdisch geschmacklos. Etwas eingehendere Recherche hätte hier gut getan, anstatt mit dem Finger auf die Amis zu zeigen und „Selba! Selba!“ zu schreiben.

    Man hätte sich auch fragen können, was bedeutet diese Rede für uns in Deutschland. Aber dann hätte man sich selbst abwatschen und zu Selbstkritik fähig sein müssen.

  • N
    Nicolai

    Wenn der Föderalstaat eine Richtlinie zur Vergabe von Mitteln beschließt, die weniger Diskriminierung verlangt, ist das eine feine Sache.

    Dass der Föderalstaat so etwas auf Bundesstaatenebene nicht durchsetzen kann, ist zwar bedauerlich, aber auf die Schnelle nicht zu ändern, ohne die republikanische Ordnung zu gefährden. Und um die Ausweitung republikanischer Rechte geht es ja eigentlich.

     

    Was für ein durchsichtiger Antiamerikanismus!

  • L
    Langstrumpf

    Wie kann man auf die Idee kommen, Benachteiligungen im Eherecht mit der Todesstrafe zu vergleichen?

    Wer wirklich an den Rechten Homosexueller interessiert ist, jedenfalls nicht.

  • H
    Holkan

    Es macht sprachlos, mit welcher Nonchalance das Recht auf Leben mit dem Recht auf Ehegattensplitting verglichen und gegeneinander ausgespielt wird. Gibt's denn da keine Verantwortlichen, die mal über die Texte schauen, bevor sie ins Netz gestellt werden?

  • MB
    Markus Brandt

    Die Autorin hat die Rede von Clinton wohl nicht gelesen, oder sie unterschlägt hier bewusst, dass Clinton ausdrücklich hervorgehoben hat, dass es gerade in den USA noch viel zu tun gibt und dass sich erst kürzlich (zB im Militär) viel geändert hat. Es ist halt Föderalismus da. Deutsche sollten das eigentlich verstehen. Es ist auch schon ein starkes Stück, dass man hier Staaten wo auf Homosexualität die Todesstrafe steht mit den USA vergleicht. Diskriminierung wird es immer geben, aber es darf keine diskriminierenden gesetze geben. Gesetze kann man ändern. Dafür sind Regierungen verantwortlich. Man kann nicht jeden Menschen kontrollieren. Das wäre Diktatur.

     

    Ich finde es erschreckend mit was für einer Selbstverständlichkeit hier Äpfel und Birnen verglichen werden. Clintons Rede war inhaltlich und sprachlich hervorragend.

  • IJ
    Ingmar Jakobi

    Ich finde, Sie sollten nicht von "Homoehe" schreiben. Der Begriff ist ausgrenzend, denn er bezeichnet eine eigene Klasse von Ehe.

     

    Gerade hier kann Deutschland noch viel von den USA lernen, zu mindest von den sechs Staaten mit Eherechten für Homosexuelle. Denn wir bieten unseren Bürgern nur ein Minimum an Gleichstellung.

     

    Wieso sollte ein Paar eine Ehe schließen dürfen, ein anderes aber nur seine Partnerschaft eintragen?

  • W
    Wallace

    Jeder, der sich mit der Organisation des amerikanischen Bundesstaates ein wenig auskennt, weiss, dass es für Obama wesentlich leichter ist irgendwen irgendwo auf der Welt zu kritisieren, als in die Freiheit der Bundesstaaten einzugreifen. Das darf er nämlich nicht. Daher ein flacher Artikel.

  • R
    Rolf

    Als in Kalifornien lebender Deutscher würde ich es sehr begrüßen, wenn der Oberste Gerichtshof das Verbot von gleichgeschlechtlichen Ehen mit Verweis auf die amerikanische Verfassung wieder aufheben würde. Allerdings finde ich Ihren Vergleich zwischen den USA und Kenia reichlich absurd. Ja, es ist leider war, dass die "Homo-Ehe" nur in 6 von 50 US-Bundesstaaten erlaubt ist. Allerdings wird Homosexualität in den USA nicht unter Strafe gestellt, selbst nicht in dem von Ihnen zitierten erzkonservativen Kansas. Im Gegenteil, in den USA wird bei jeder Gelegenheit und in praktisch jedem Vertrag darauf hingewiesen, dass eine Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Alter, ethnischer Zugehörigkeit oder sexueller Orientierung nicht zulässig ist. Dass die Realität nicht immer mit der Theorie übereinstimmt, gilt natürlich auch für die USA. Ein Vergleich mit Kenia aber, wo Homosexualität unter Strafe gestellt wird und Homosexuelle um Leib und Leben fürchten müssen, finde ich persönlich ziemlich unangebracht. Aber es ist ja immer einfacher, (von Deutschland aus) auf andere zu zeigen...

  • M
    Matthieu

    Grundsätzlich gebe ich Rieke in ihrer Analyse durchaus recht, komme aber nicht drum herum zu fragen, was denn an diesem Artikel anders ist:

    Anstatt heterosexistische Zustände in der BRD anzugreifen, wird sich lieber auf das Lieblingsfeindbild USA fixiert und somit die in weiten Teilen der deutschen Bevölkerung (auch und gerade der linksalternativen) verbreiteten antiamerikanischen Ressentiments bedient. À la: Wir sind ja schon viel weiter -.-