USA entdecken Hans Fallada: Romanautor des Widerstands
Der US-Verleger Dennis Johnson hat Hans Falladas Buch über den Widerstand gegen die Nazis "Jeder stirbt für sich allein" für den englischsprachigen Markt entdeckt.
Es ist ein Comeback der besonderen Art. Hans Fallada, der 1893 als Rudolf Wilhelm Friedrich Ditzen geboren wurde, galt schon fast als vergessen. Bis sich vor Jahren der amerikanische Verleger Dennis Johnson beim Aufbau-Verlag um die Rechte von "Jeder stirbt für sich allein" bemühte.
Fallada - in der späten Weimarer Republik zum schriftstellerischen Durchbruch gelangt, unter den Nazis geduldet, aber "unerwünscht" - hatte nach dem Krieg Einsicht in Gestapo-Akten bekommen. Dort traf er auf ein Berliner Ehepaar, das sich durch den Tod des einzigen Sohnes im Frankreichfeldzug zum Widerstand gegen die Naziherrschaft entschließt. An verschiedenen Orten in Berlin legen die beiden Postkarten ab, die vor dem Hitlerregime warnen.
Rasend schnell schreibt Fallada einen Roman über diesen authentischen Fall. 1947 erscheint "Jeder stirbt für sich allein" bei Aufbau. Für den Autor ist es "endlich wieder ein echter Fallada", auch wenn er die Veröffentlichung selbst nicht mehr erlebt. Primo Levi, Auschwitz-Überlebender, wird später sagen, es sei das beste Buch über den deutschen Widerstand. In beiden deutschen Staaten wird das Buch ein Erfolg, sogar mehrfach verfilmt. Über die Jahre aber wird es ruhiger um Falladas Werke.
Obwohl Fallada auch im englischsprachigen Raum kein Unbekannter bleibt, wird erst 60 Jahre später eine Übersetzung in Auftrag gegeben. 2009 kommt der Roman in den USA und Großbritannien heraus - dort unter dem Titel "Alone in Berlin". Vielfach euphorisch besprochen, wird das 600 Seiten dicke Buch zum Bestseller, Penguin Books soll schon über 200.000 Exemplare verkauft haben. Auch in Israel, den Niederlanden und vielen anderen Ländern macht es Furore, dieses Buch über Angst und Mut, über Gemeinheit und Liebe, über Verrat und Solidarität unter der Herrschaft der Nazis.
Angesichts dieses internationalen Erfolgs hat sich der Aufbau-Verlag entschlossen, Falladas "Masterpiece", wie es ein Rezensent des Sunday Telegraph nennt, neu herauszugeben - in der ursprünglichen Fassung. Für die bisherige hatte der damalige Verlagsleiter Kurt Wilhelm vorgeschlagen, die "ein oder andere in Betracht kommende Stelle im Roman vor Drucklegung auszubügeln".
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