USA drohen mit Olympia-Boykott: Über Menschenrechte sprechen
Die USA stellen einen Boykott der Spiele in Peking zur Debatte. Über die Motive lässt sich streiten – aber die Defizite im Sport sind offenkundig.

G eschickt hat sie das gemacht, die neue US-Regierung. Ein Olympia-Boykott sei etwas, worüber „wir zu diskutieren wünschen“. So formulierte es ein Sprecher des US-Außenministeriums und schickte ein paar Stunden später einen Tweet hinterher, eine Ankündigung oder Drohung sei dieser Satz nicht. Die USA, sowohl Regierung als auch US-amerikanisches Olympisches Komitee, sind damit nicht unter Zugzwang gestellt, sondern es sind die Regierung in Peking und das Internationale Olympische Komitee (IOC), die sich verteidigen müssen.
Was keine Drohung sein soll, ist natürlich doch eine, und gut begründet ist sie auch. Die Situation der Uiguren ist so dramatisch, dass die Weltöffentlichkeit reagieren und helfen muss. Selbstverständlich auch der Sport. Ob ein Olympia-Boykott tauglich ist, „we wish to discuss“.
Zugleich fällt die hochoffizielle Drohung in aktuelle sportpolitische Debatten, was man mit den anstehenden Großereignissen in Tokio (Olympische Spiele) und Katar (Fußball-WM) machen soll. Die Ausgangslage ist nur auf den ersten Blick sehr verschieden, weil Japan eine Demokratie ist, was sich über Katar kaum sagen lässt.
Doch in allen drei Fällen geht es um die Frage, ob im Namen des global populären Sports gegen grundlegende Rechte von Menschen verstoßen werden darf: In Katar sind es unmenschliche Arbeitsbedingungen, in Tokio ist es die Frage der durch die Pandemie gefährdeten Gesundheit und in China das Existenzrecht einer Minderheit.
Der Sport hat ein gutes Image, aber genau wegen seines Flairs von beschwingter Jugendlich- und immerwährender Fröhlichkeit gelingt es ihm immer, sich demokratischer Kontrolle zu entziehen. Völlig zu Unrecht genießt das autokratisch den Weltsport regierende IOC ein hohes moralisches Renommee.
Ob der aktuelle Vorstoß der USA im Namen der Demokratie geschieht, darf man gerne in Frage stellen. Aber ihn zu nutzen, um endlich zu einer die Menschenrechte achtenden, demokratischen Organisation des Sports zu gelangen, darüber lohnt es „to discuss“.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links
Emotionen und politische Realität
Raus aus dem postfaktischen Regieren!
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
Berlinale-Rückblick
Verleugnung der Gegenwart