piwik no script img

US-Richtlinie für MilitärhilfenObama fördert Kinderarmeen

Wer Kinder bewaffnet, soll von den USA eigentlich keine Militärhilfe erhalten. Doch für vier betroffene Länder macht US-Präsident Obama eine Ausnahme.

Kinder werden 2003 in einem Camp am Rande von Bunia in der Demokratischen Republik Kongo zu Soldaten ausgebildet. Bild: dpa

Die USA werden entgegen ihrer eigenen gesetzlichen Verpflichtungen weiter Militärhilfe für Staaten leisten, die Kindersoldaten rekrutieren. Wie jetzt bekannt wurde, hat US-Präsident Barack Obama am 25. Oktober eine Ausnahmeregelung für vier Länder verfügt, mit denen die USA zuvor wegen ihres Einsatzes von Kindersoldaten das Ende der militärischen Zusammenarbeit angekündigt hatten: Jemen, die Demokratische Republik Kongo, Sudan und Tschad.

Damit setzt Obama die international gepriesene US-Gesetzgebung seines Vorgängers George Bush zur Ächtung von Kindersoldaten faktisch aus. Der Child Soldier Prevention Act von 2008 untersagt US-Militärhilfe für Länder, in denen Minderjährige in Regierungsstreitkräften dienen. Ausgerechnet vom heutigen US-Vizepräsidenten Joe Biden im Kongress eingebracht, wurde das Gesetz am 23. Dezember 2008 von Bush in Kraft gesetzt. Um es anzuwenden, musste allerdings erst das Außenministerium eine Liste der betroffenen Länder erstellen. Diese Liste legte das Außenministerium im Juni 2010 als Teil ihres Jahresberichts über Menschenhandel vor. Sie enthält Birma, Jemen, Kongo, Somalia, Sudan und Tschad.

Ab 1. Oktober 2010, so das Außenministerium damals, bekämen diese Länder von den USA keine "internationale Militärausbildung, kein Training, keine ausländische Militärfinanzierung, überschüssige Militärgüter, Hilfe nach Artikel 1206 (Terrorismusbekämpfung; d. Red) und Lizenzen für den Verkauf von Rüstungsgütern" mehr.

Allerdings enthält das Kindersoldatengesetz, wie in der US-Gesetzgebung üblich, eine Klausel, wonach der Präsident die Anwendung wegen übergeordneten nationalen Interesses außer Kraft setzen kann. Dass Obama das nun getan hat, nennt Human Rights Watch einen "Freibrief" für Kindersoldatenrekrutierer. Da die USA mit Birma nicht zusammenarbeitet und Somalia keine funktionierende Regierung hat, hätte das Verbot ohnehin nur die jetzt genannten Länder Jemen, Kongo, Sudan und Tschad betroffen - im Sudan geht es übrigens nicht um die Regierung, sondern die im Südsudan autonom regierende ehemalige Guerilla SPLA (Sudanesische Volksbefreiungsarmee).

Berichten zufolge ging Obamas Entscheidung ein heftiger Streit innerhalb des State Department voraus. Im diesjährigen UN-Bericht über die Lage von Kindersoldaten weltweit stehen unter anderem die Regierungsarmeen von Kongo und Tschad sowie die SPLA im Südsudan auf der Liste derer, die Kindersoldaten einsetzen. Jemen taucht nicht auf. Die Erklärung des State Department für die präsidiale Verfügung, die mittlerweile im Internet kursiert, begründet eine Fortsetzung der militärischen Zusammenarbeit mit den vier Ländern mit der Notwendigkeit, "derzeitige und zukünftige militärische Führer" zu beeinflussen.

Für Jemen, so das State Department, würde ein Verbot von Militärhilfe das Ende der Antiterrorzusammenarbeit und damit "gefährliche Instabilität" in der gesamten Region bedeuten. Jemen ist unter den vier Ländern der größte Empfänger von US-Militärhilfe; diese wurde dieses Jahr von 67 Millionen Dollar 2009 auf 150 Millionen aufgestockt. Im Kongo, so die Begründung weiter, müssten die USA bei einem Verbot aufhören, vorbildlich agierende Modelleinheiten der Regierungsarmee aufzubauen. Tschad sei wichtig als Partner in der Terrorismusbekämpfung in der Sahelzone sowie als Basis für humanitäre Hilfe in Darfur. Im Sudan gehe es darum, die SPLA zu "professionalisieren" - Anfang 2011 steht im Südsudan ein Unabhängigkeitsreferendum an.

Gegenüber Menschenrechtsaktivisten behauptet das Weiße Haus nun, die vier Länder hätten lediglich eine Gnadenfrist bis 2011. Menschenrechtler antworten darauf, die Länder hätten seit 2008 Zeit gehabt. Außerdem hätte Obama die Hilfe explizit auf Unterstützung zum Aufbau professioneller Armeen beschränken können.

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • TD
    Tyler Durden

    "Die USA werden entgegen ihrer eigenen gesetzlichen Verpflichtungen weiter Militärhilfe für Staaten leisten, die Kindersoldaten rekrutieren. Wie jetzt bekannt wurde, hat US-Präsident Barack Obama am 25. Oktober eine Ausnahmeregelung für vier Länder verfügt, mit denen die USA zuvor wegen ihres Einsatzes von Kindersoldaten das Ende der militärischen Zusammenarbeit angekündigt hatten: Jemen, die Demokratische Republik Kongo, Sudan und Tschad. "

     

    Also Bitte! Der Mann hat schliesslich den Friedens Nobel Preis erhalten, der wird schon wissen was er tut!

  • T
    tystie

    Bekannterweise gibt es sowohl in den 'Streitkräften' der USA und 'Großbritanniens' Rekruten ab 16, die somit unter die Kinderrechtskonvention fallen. Außerdem stehen die 'nationalen' Interessen beider Länder immer höher, als der Schutz von Kindern, besonders, wenn diese in der Dritten Welt vorkommen. Obama ist nichts als ein US-amerikanischer Präsident und selbst wenn er wollte, würde es ihm nicht gelingen eine bis an die Zähne bewaffnete und auf das Militär gestützte Gesellschaft zu verändern.

  • T
    tosh1980

    Ja und später landen die Kids dann in Guantánamo und werden vom Militärtribunal zu 40 Jahren Haft verurteilt...

  • H
    Horberg

    Da überlege ich doch gerade mal wer den letzten Friednsnobelpreis bekommen hat ... vielleicht sollte man doch auch mal Preise zurückgeben oder ?