US-Ökonom kritisiert Sarkozy: "Kein Raum für feste Wechselkurse"
Banken, die das ganze System gefährden, müssen in mehrere kleinere Einheiten zerlegt werden, meint der US-Ökonom Nouriel Roubini.
taz: Herr Roubini, der französische Präsident Nicolas Sarkozy hat beim Weltwirtschaftsforum in Davos vorgeschlagen, die Währungspolitik international zu koordinieren. Was halten Sie von der Idee eines neuen Bretton-Woods-Abkommens?
Nouriel Roubini: Das Bretton-Woods-Abkommen der festen Wechselkurse zwischen den Weltwährungen hat vom Zweiten Weltkrieg bis 1971 gehalten. Dann ist es zerbrochen. Seitdem bilden sich die Kurse am Markt, sie schwanken. Und die Nationalbanken und Regierungen versuchen mit unterschiedlichem Erfolg Einfluss zu nehmen. Europa hat zudem den Euro. Die wichtigsten Wirtschaftsmächte sind mit dieser Situation zufrieden.
Sarkozy offenbar nicht. Er beklagt einen Mangel an verbindlichen Absprachen.
Nouriel Roubini, 51, ist Professor für Ökonomie an der Stern School of Business in New York. Bereits 2006 warnte er vor einer weltweiten Rezession als Folge einer geplatzten Immobilienblase in den Vereinigten Staaten.
Hätte es in der Finanzkrise seit 2007 keine internationale Zusammenarbeit gegeben, wären wir nicht mit einem blauen Auge davongekommen. Denken Sie nur an die schnelle gemeinsame Reaktion der wichtigsten Wirtschaftsmächte, der G-20-Gruppe. Das ist ein neues Phänomen. Und auch weiterhin stehen die Nationalbanken und Regierungen im Dialog. Mehr ist nicht drin. Denn die unterschiedlichen Wechselkurse und Zinssätze, die die Notenbanken anpeilen, beruhen auch immer auf ihren nationalen Interessen. Die US-Notenbank Fed glaubt, dass der schwache Dollar und ihre Null-Zins-Politik gut für die US-Ökonomie seien. Deshalb halte ich die Forderung nach einer besseren Koordination der Währungspolitik für unrealistisch. Und sie steht auch nicht auf der politischen Agenda.
Investoren ziehen hunderte Milliarden Dollar aus dem Niedrig-Zins-Land USA ab und transferieren sie ins Hochzinsland China. Dieser "Carry Trade" lässt die Immobilienpreise steigen und birgt die Gefahr einer neuen Spekulationsblase. Feste Wechselkurse würden helfen, oder?
Nein, durch feste Wechselkurse lassen sich die völlig unterschiedlichen Wirtschaftsentwicklungen in den einzelnen Staaten nicht mehr abbilden. Das würde die Weltwirtschaft eher destabilisieren als stabilisieren. Wenn andere Länder der US-Politik des billigen Geldes etwas entgegensetzen und dem Carry Trade die Grundlage entziehen wollen, steht es ihnen frei zu reagieren. Sie können beispielsweise den Zustrom von ausländischem Kapital begrenzen. Brasilien hat zu diesem Zweck eine Steuer auf Kapitalimporte eingeführt. Kapitalverkehrskontrollen sind ein gutes Mittel gegen zu starke Devisenimporte. Daneben sehe ich keinen Raum für fixe oder halbfixe Wechselkurse.
US-Präsident Obama hat angekündigt, den Banken bestimmte risikoreiche Geschäftsmodelle zu verbieten und ihre Größe zu beschränken. Wie beurteilen Sie diesen Plan?
Das Vorhaben geht in die richtige Richtung. Ich plädiere allerdings dafür, noch radikaler vorzugehen. Man muss Banken, die das ganze System gefährden, in mehrere kleinere Institute zerlegen. Nur diese Maßnahme würde dazu führen, dass die Staaten und Bürger bei künftigen Krisen nicht noch einmal hunderte Milliarden für die Rettung der Institute ausgeben müssen.
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