: US-Giftgas soll auch im Pazifik einsatzfähig bleiben
Berlin (taz) - Ein Großteil des bisher in der BRD lagernden Giftgases der USA soll entgegen bisherigen Angaben auf dem Pazifik-Atoll Johnston Island nicht vernichtet, sondern dort gelagert und dem militärischen Oberkommando als einsatzfähiges C-Waffensarsenal unterstellt werden.
Dies geht aus Äußerungen von US-Offiziellen hervor. Bei einer internen Unterrichtung über den geplanten Schiffstransport der C-Waffen von Nordenham nach Johnston Island erklärten im Juli Vertreter der US-Armee im neuseeländischen Wellington, die Giftgasgranaten würden dem für den Pazifik zuständigen Armeekommando USACAW unterstellt. Die Waffen dienten weiterhin „nationalen Verteidigungszwecken der USA“.
Die bislang im pfälzischen Clausen lagernden 102.000 Giftgasgranaten sind nach Angaben der Armeevertreter „die am besten erhaltenen Vorräte des gesamten gegenwärtigen C -Waffenarsenals der USA“.
Entsprechende Vorschläge machte Brigadegeneral Linhard vom gemeinsamen Oberkommando der US-Streitkräfte bereits 1989 bei einer Anhörung vor dem zuständigen Senatsausschuß in Washington, dessen Protokoll erst jetzt veröffentlicht wurde. Die Vernichtung der C-Waffen hänge „zum Teil von der weltpolitischen Lage ab“. Die Unterstaatssekretärin im US -Außenministerium, Meyers, bestätigte am Rande des Südpazifikforums in Port Vila, Vanuatu, daß die C-Waffen aus der Bundesrepublik „weiterhin als Munition betrachtet werden“. Die im Südpazifikforum zusammengeschlossenen Staaten hatten sich mit Ausnahme Australiens gegen die Verschiffung der C-Waffen auf das Johnston-Atoll ausgesprochen.
Hintergrund für diese Entscheidung der Bush-Administration sind die Schwierigkeiten bei der Produktion neuer binärer C -Waffen. Die vom Pentagon zum Zwecke der „Abschreckung“ und „Vergeltung“ für notwendig gehaltene Mindestmenge von „Big -Eye„-Bomben und Artilleriegranaten mit insgeamt 500 Tonnen binärer Kampfstoffe konnte bislang auf Grund technischer Schwierigkeiten nicht produziert werden. Die bereits hergestellte Menge wird offiziell geheimgehalten; nach taz -Informationen betrug sie Anfang Juli erst rund 300 Tonnen Kampfstoffe.
Zwar hätte das Pentagon noch bis zum Frühjahr 1991 Zeit. Dann soll das von den Präsidenten Bush und Gorbatschow Ende Mai in Washington unterzeichnete C-Waffenabkommen in Kraft treten.
Doch die Streitkräfteausschüsse von Repräsentantenhaus und Senat haben inzwischen sämtliche Gelder für die weitere Binärwaffenproduktion aus Bushs Haushaltsentwurf für 1991 gestrichen. Der Ausschuß des Repräsentantenhauses sperrte letzte Woche zudem die weitere Auszahlung bereits bewilligter Mittel für das Haushaltsjahr 1990.
Andreas Zumach
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