US-Gericht verbietet Gentech-Rüben: Risikoabschätzung fehlt
Zum ersten Mal ordnete ein US-Gericht die Vernichtung von Gentech-Pflanzen an. Betroffen sind die Gentech-Rüben des deutschen Züchterunternehmens KWS.
BERLIN taz | Der Streit über den Anbau von gentechnisch veränderten Zuckerüben in den USA geht in eine neue Runde. Vor wenigen Tagen ordnete ein Gericht in Kalifornien die Vernichtung von Zuckerrübenstecklingen an, die zur Saatgutgewinnung ausgebracht worden waren. Der Grund für die in den USA sehr ungewöhnliche Maßnahme ist die fehlende Umweltverträglichkeitsprüfung.
Vor wenigen Monaten erst hatte aus demselben Grund ein Distriktgericht in Kalifornien eine 2005 von der US-Landwirtschaftsbehörde USDA erlassene Anbaugenehmigung für die gegen das Monsanto-Herbizid Roundup resistente Zuckerrübe aufgehoben. Das Gericht war damit einer Klage mehrerer Umweltorganisationen gefolgt.
Wirtschaftlich betroffen davon ist neben Monsanto auch die Kleinwanzlebener Saatzucht (KWS) mit Hauptsitz im niedersächsischen Einbeck. Denn die Zuckerrübe ist ein Kooperationsprojekt: Die patentierten Gene für die Roundup-Resistenz kommen von Monsanto. Den Saatgutvertrieb übernimmt die KWS-Tochter Beta-Seed.
Die ersten Jahre war die Roundup-Ready-Zuckerrübe auch ein Erfolgsmodell. Innerhalb kürzester Zeit wurde das Saatgut für die Gentech-Rübe ein "Bestseller". In diesem Jahr, so die Schätzungen, wurde die Gentech-Rübe in den USA auf rund 450.000 Hektar angebaut. Das entspricht etwa einem Marktanteil von 95 Prozent.
Anbau und Ernte 2010 sind von der Aufhebung der Genehmigung zwar nicht betroffen, aber noch ist unklar, ob im nächsten Jahr in den USA die Gentech-Rübe ausgesät werden darf.
Dass jetzt die Stecklinge für die Saatgutgewinnung vernichtet werden müssen, kommt sehr überraschend. Denn für dieses Vorhaben wurde extra eine neue Genehmigung der USDA eingeholt. Auch dagegen hatten die Umweltorganisationen geklagt.
Das Landwirtschaftsministerium habe den Anbau erlaubt, obwohl immer noch keine Umweltverträglichkeitsprüfung vorlag, sagte der Anwalt Paul Achitoff, von der Organisation Earth Justice. Das Ministerium habe damit die Justiz und die Verbraucher missachtet.
Voraussichtlich wird die vom Gericht geforderte Risikoabschätzung auch erst Ende 2012 vorliegen. Die Gentech-Unternehmen hoffen, dass sie vorher schon mit Übergangsvorschriften den Vertrieb des Saatguts wieder aufnehmen dürfen.
Die Gentech-Rüben haben auch eine EU-Zulassung. Gemeinsam hatten KWS und Monsanto einen Zulassungantrag für die Verarbeitung in Lebens- und Futtermittel gestellt. Die EU-Kommission genehmigte 2007 die Verarbeitung der Zuckerüben. Der Anbau ist in der EU jedoch weiterhin verboten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist
Bisheriger Ost-Beauftragter
Marco Wanderwitz zieht sich aus Politik zurück