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US-General McChrystal in BerlinErst Kränze, dann Phrasen

US-General Stanley McChrystal und Verteidigungsminister zu Guttenberg ehren Soldaten und versichern sich ihre gegenseitige Unterstützung im Afghanistan-Krieg

Auf Deutschlandbesuch: Stanley McChrystal (2.v.r.) Bild: reuters

BERLIN taz | Es war ein kurzer Auftritt am Mittwoch in der Säulenhalle im Verteidigungsministerium: Gerade einmal drei Nachfragen der Journalisten ließen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) und der US-General Stanley McChrystal zu - und antworteten in wenigen Minuten das, was man derzeit ständig von Regierung und Militärs hört.

"Die Situation in Afghanistan bleibt ernst. 2010 ist ein kritisches Jahr, das die Zukunft des Landes entscheiden kann", sagte McChrystal, der Kommandeur der internationalen Schutztruppe ISAF. Die Afghanen müssten in die Lage versetzt werden, die Zukunft ihres Landes selbst gestalten zu können. Es war McChrystals erster offizieller Besuch in Deutschland.

Zuvor hatten der Minister und der US-General Kränze am Ehrenmal der Bundeswehr auf dem Gelände des Verteidigungsministeriums niedergelegt. Damit ehrten sie die sieben deutschen Soldaten, die zuletzt in Afghanistan getötet wurden. Zu Guttenberg unterstrich die Gefahren des Einsatzes der Bundeswehr im Norden des Landes. "Der Einsatz ist gefährlich, in Teilen sehr gefährlich", sagte er.

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Von der neuen Strategie der Bundeswehr verspreche er sich "über eine gelungene Ausbildung neue Vertrauenselemente zwischen Soldaten und der Bevölkerung". Den Strategiewechsel hatte die Regierung Ende Januar verkündet. Deutlich mehr Bundeswehrsoldaten als bisher widmen sich künftig der Ausbildung der afghanischen Armee. Sie sollen gleichzeitig außerhalb der eigenen Lager auch den Schutz der Bevölkerung gewährleisten. Zu Guttenberg betonte, dass das Konzept beispielsweise auch Entwicklungshilfe mit einschließt.

Der Deutsche und der Amerikaner demonstrierten Geschlossenheit. Und lobten ausdrücklich die jeweils anderen Truppen. Die Deutschen machten ihre Arbeit "mit großem Erfolg", sagte McChrystal. Deutschland bleibe ein sehr wichtiger Partner der USA in Afghanistan. Zu Guttenberg verlieh 14 US-Soldaten das Ehrenkreuz der Bundeswehr in Gold. In Abwesenheit, die Kreuze - höchste Auszeichnungen des Militärs - hingegen waren bei der Pressekonferenz auf schwarzen Samtkissen drapiert und wurden fleißig abfotografiert. Am Karfreitag hatten amerikanische Hubschrauber deutsche Soldaten aus Feuergefechten gerettet.

Der Verteidigungsminister räumte ein, dass die Partner wegen eigener Defizite aufeinander angewiesen seien. Als Beispiel nannte er ebenjene amerikanischen Hubschrauber, mit denen die deutschen Soldaten im Norden Afghanistans gerettet wurden. Er verwies ebenfalls auf US-Kampfhubschrauber im Einsatzgebiet der Bundeswehr, die den deutschen Truppen fehlen. Nach der Kranzniederlegung und dem Treffen unter vier Augen wollten McChrystal und zu Guttenberg die Mitglieder des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag über die Situation in Afghanistan unterrichten.

Die Nato hat sich unterdessen für den Tod von vier afghanischen Zivilisten entschuldigt, die bei einem Einsatz internationaler Einheiten Anfang der Woche ums Leben gekommen waren. In einer am Mittwoch veröffentlichten Erklärung drückte die Nato-Truppe Isaf ihr "tiefes Bedauern" über den "tragischen Verlust" aus. Die Isaf entschuldigte sich zudem dafür, zwei der Getöteten in einer ersten Stellungnahme als Aufständische bezeichnet zu haben.

Die vier Afghanen waren nach Isaf-Angaben am Montag in der östlichen Provinz Chost erschossen worden, als sie mit ihrem Auto trotz Warnungen weiter auf einen Konvoi der internationalen Truppe zugefahren waren. Nach Angaben des afghanischen Bildungsministeriums waren alle vier Opfer Schüler im Alter von zwölf bis 19 Jahren und unbewaffnet. Zivile Opfer bei Einsätzen der internationalen Truppen in Afghanistan sind ein hochsensibles Thema. Vor allem zwischen Washington und Kabul kommt es deshalb immer wieder zu Spannungen.

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8 Kommentare

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  • H
    Hendrik

    In meinen Augen sind die Amerikaner Kriegsverbrecher und Mörder. Das letzte Video auf der Website http://www.collateralmurder.com/ zeigt eindeutig, wie durch amerikanische Streikräfte die unschuldige und unbewaffnete Zivilbevölkerung, ja so Kinder einfach und regelrecht geschlachtet werden. Es ist ein Kriegsverbrechen, das vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag gehört.

     

    Wer diesen Staat als Freund bezeichnet, macht sich des Kriegsverbrechens mitschuldig.

  • F
    Flo

    von Lauer:

    Es darf doch langsam nicht mehr war sein - da wird irgendein amerikanischer General wie ein Staatsgast emfangen und gibt "unserm" Verteidigungsminister noch Ratschläge.

     

     

    Man mag über ihn denken was man will. Aber der Typ hat wenigstens Ahnung von dem was er erzählt. Es lässt sich bei ihm gewisse grade Linie erkennen. In meinen Augen hat er es geschafft, dass die dt. Regierung neben ihm wie ein Kindergarten aussieht der keine Ahnung von der Welt hat und nicht in der Lage ist für irgendwas Verantwortung zu übernehmen. Da kann auch zu Guttenbergs Pomadebirne nicht drüber hinweg täuschen. Hat ein normaler amerikanischer General was geschafft, was die komplette dt. Regierung nicht gebacken bekommen hat (und zwar Dinge auf den Punkt zu bringen)!? Es sollte dich wenn schon beschämen das unser Verteidigungsminister von einem US General Nachhilfe braucht.

  • A
    audio001

    Nur wer die Wahrheit ausspricht, kann sie auch verteidigen!

     

    Ist es nicht beschämend?- Es bedarf erst eines US-Generals um die Öffentlichkeit (und ich vermute auch einen Teil der Abgeordneten!?) über die Konsequenzen der vom Deutschen Bundestag - im Rahmen der Verlängerung des Afghanistaneinsatzes - beschlossenen "neuen" Strategie aufzuklären!

     

    D.h., die Bundesregierung war weder in der Lage die Folgen der "neuen" Stratgie dem Deutschen Bundestags zu erläutern und offensichtlich konnte man auch nicht, aus Ahnungslosigkeit oder politisches Kalkül(?), die daraus entstehenden Konsequenzen dem Souverän (für alle Politiker die das vergessen haben, der Hinweis: Das sind die Bürger in diesem Land!) darlegen!

     

     

    Und ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass diese Aufklärung der Bürger bzw. der Öffentlichkeit einer Strategie folgt:

     

    McCrystal klärt die Öffentlichkeit auf, spricht Klartext (man kann es auch "Wahrheit" nennen!), und die Regierungschefin legt dann entspannt in einer Regierungserklärung nach!- Oder anders ausgedrückt, der US General mußte als Überbriger der "schlechten Nachricht" herhalten, weil die Regierung Merkel offensichtlich nicht in der Lage war, den Bürgern in diesem Land die Wahrheit zu sagen!

     

    Ob es hier auch noch einen zeitlichen Zusammenhang zwischen McChrystal-Besuch, Regierungserklärung Frau Merkel und Aussage des Herrn zu Guttenberg vor dem Untersuchungsauschuss gibt, wäre reine Vermutung!- Aber abwegig erscheint es nicht, wenn man mal unterstellt, dass man so für einige Tage seitens der Bundesregierung die mediale Luftherrschaft sein eigen nennen darf! Anders ausgedrückt ist es dann alles ein Abwasch!

     

     

    Da stelle ich mir die Frage: Wie viele unangenehme "Wahrheiten" werden uns Bürgern noch vorenthalten?

  • E
    Eser

    Absolut merkwürdig: McChrystal hat gesagt, dass der Krieg völlig hoffnungslos sei... und trotzdem soll sich hier jeder für den anderen einsetzen und unterstützen...

  • JR
    Josef Riga

    Es war ein wundervoller Moment für KaTe in Berlin. Staatstragend und an der Seite des entschlossen dreinblickenden "Vier-Sterne-Generals" konnte der sichtlich noch von den Nachwehen einer schwierigen Mission in Asien etwas aufgeweicht wirkende Minister die seltene Rolle des etwas konzilianteren und weicheren Parts spielen. Während Chrystal in gewohnt militärisch-prosaischer Manier repetierte, lud KaTe einen für seine Verhältnisse nur knappen oratorischen Blumenteppich vor den Mikrofonen der Journalisten ab. Immer wieder ging sein -Chrystall zugekehrter- rechter Mundwinkel leicht zitternd und quasi demütig nach unten (Von Zeit zu Zeit seh ich den Ami gern, und hüte mich, mit ihm zu brechen ...).

    Wahrscheinlich weiß der Freiherr bereits, was an weiteren Forderungen auf seine Truppe zukommt. Chrystall wird es ihm hinter verschlossenen Türen bereits gesagt haben. V o r der Kamera bleibt uns nur die verlogene Propaganda samt Durchhalteparolen für Helden und Opfer.

    "Es sieht so aus, als ob wir Deutsche uns an jedes Klima auf dieser Welt gewöhnen müssen." (Oberst Strasser, Grossdeutsches Reich, in 'Casablanca')

    Es sieht so aus!

  • V
    vic

    "Krieg ist ein gefährlicher Ort".

    Das wusste schon der große Feldherr George W. Bush.

    Auf exakt dieser Evolutionsstufe ist Guttenberg nun auch angekommen.

    Im Grunde bedauernswerte Menschlein, die solchen Stuß erzählen müssen, um das Volk bei Laune zu halten.

  • O
    Oberhart

    McChrystal, das ist doch der General, der im dubiosen Todesfall durch friendly fire des ehemaligen NFL Stars Pat Tillman (seltsamerweise kurz nachdem bekannt wurde, dass er nach seiner Rückkehr in die USA öffentlich kritisch Stellung beziehen wollte zu Bush, zum Irakkrieg und dem Folterskandal in Abu Ghoraib) massiv versucht hat, die wahren Umstände des Vorfalls zu vertuschen/verschleiern.

     

    Ekelhaft, dass solche Männer auch unter einem demokratischen Präsidenten noch General sind. Ekelhaft auch, dass solche Menschen hochoffiziell nach Deutschland eingeladen werden.

    Normalerweise müßte sich einer vom Schlage McChrystals vor Militärgerichten verantworten.

  • L
    Lauer

    Es darf doch langsam nicht mehr war sein - da wird irgendein amerikanischer General wie ein Staatsgast emfangen und gibt "unserm" Verteidigungsminister noch Ratschläge.

    Mich, als Bürger unseres Landes beleidigt das, wenn ich mir so etwas ansehen muß.