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US-DIPLOMAT POWELL MÖCHTE WAFFENINSPEKTIONEN IM IRAK VERZÖGERNNoch kein Ticket nach Bagdad

Wer glaubt, die Vorbereitungen der USA auf einen Krieg im Irak hätten etwas mit der Durchsetzung der UN-Waffeninspektionen zu tun, den müssen die jüngsten Äußerungen Colin Powells schwer verwirren. Der US-Chefdiplomat und Vorzeigeskeptiker im Bush-Kabinett fordert Hans Blix und sein Inspektionsteam auf, sich mit der Reise nach Bagdad doch noch ein wenig Zeit zu lassen. Schließlich, so Powell, könnte der Sicherheitsrat die Bedingungen für den Auftrag ja noch ändern. Also bitte keine Eile! Während die US-Regierung die Bedrohung durch die irakischen Waffenprogramme als „clear and present danger“ darstellt, also als eine unmittelbare Bedrohung, die neuerdings sogar einen Präventivkrieg legitimieren soll, fordert sie nun, mit der Kontrolle dieses angeblich kurz vor dem Einsatz stehenden Arsenals noch eine Weile zu warten. So unmittelbar kann die Bedrohung dann wohl doch nicht sein.

Die Motivation ist offensichtlich: Kommen die Gespräche zwischen UN-Chefinspektor Blix und dem Irak schnell voran, sind gar die ersten Teams schon im Irak, wird die Verhandlungsposition der Bush-Regierung geschwächt. Für die USA würde es nach einer Einigung womöglich wesentlich schwieriger werden, die von ihr erwünschten verschärften Bedingungen für die Inspektionen durchzusetzen. Haben die Inspektionen erst einmal begonnen, bestünde aus Sicht der Bush-Regierung zudem die Gefahr, dass die am Jahrestag der Anschläge vom 11. September aufgebaute Entschlossenheit zu einem Irakkrieg auch im eigenen Land an Dynamik verliert.

Durch die Äußerung Powells werden die Widersprüchlichkeiten in der US-Position offensichtlicher. Doch das ist nicht notwendigerweise ein gutes Zeichen. Einerseits ist zwar zu hoffen, dass Präsident Bush so weiter an Glaubwürdigkeit und damit sowohl in den USA als auch im Ausland Unterstützung verliert. Andererseits besteht aber Anlass zur Sorge, wenn sich die US-Regierung auch der absurdesten Konstruktionen bedient, um ihre Forderungen gegenüber dem UN-Sicherheitsrat durchzusetzen: Sie muss wild entschlossen sein, den Weg, auf den sich Bush festgelegt hat, bis zum Ende zu gehen. ERIC CHAUVISTRÉ

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