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US-BankenkriseFed warnt vor Kreditklemme

Noch ist das ganze Ausmaß der Kreditverluste gar nicht klar. Doch jetzt schon verknappt die Furcht der Banken vor neuen Risiken weltweit das Geld für Investitionen.

Gemunkelt wird, dass die Citigroup 19 Milliarden US-Dollar abschreiben muss. Bild: ap

BERLIN taz Die US-Notenbank Fed demonstriert Handlungswillen. Die Aussichten der US-Wirtschaft für 2008 hätten sich erheblich verschlechtert, bestätigte Fed-Chef Ben Bernanke am Donnerstagabend. Wenn sich die Lage nicht entspanne, werde die Fed "entschieden und zeitnah" agieren - das heißt wohl, schon bei ihrer nächsten Sitzung die Zinsen senken.

Bernanke warnte vor der sogenannten Kreditklemme: Der Schock, dass sie zweitklassige Darlehen in Milliardenhöhe abschreiben müssen, hat den Banken die Risikolust geraubt. Nun hängen sie umgekehrt die Anforderungen für Darlehen so hoch, dass es für Investoren und Privatleute immer schwieriger wird, sie zu erfüllen.

Dabei ist das ganze Ausmaß der Verluste für die Banken noch gar nicht klar. Am Freitag wurde gemunkelt, dass zwei führende Banken, die Citigroup und Merrill Lynch, in der kommenden Woche Milliardenabschreibungen für das letzte Quartal 2007 bekannt geben müssen, die fast doppelt so hoch sind wie bisher geschätzt. Einem Bericht der New York Times zufolge dürfte es sich für Merrill Lynch um 15 Milliarden US-Dollar handeln, den Abschreibungsbedarf der Citigroup verorten Investmentbanker gar bei fast 19 Milliarden.

Um sich selbst zu retten, buhlen die Banken nun um frisches Geld - auch bei umstrittenen Staatsfonds aus Singapur und in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Zugleich bauen sie zehntausende Arbeitsplätze ab.

Für die Weltwirtschaft am schwerwiegendsten dürfte aber sein, dass immer mehr Geldhäuser versuchen, künftige Risiken zu mildern, indem sie nur noch ganz restriktiv Kredite vergeben. Denn das bedeutet: Die Krise wird in die Produktionswirtschaft transportiert. "Dieser Kanal wird in den Prognosen vollkommen unterschätzt", sagt der Bremer Ökonom Rudolf Hickel.

Am 7. Januar hatten die Banker von Merrill Lynch als Erste ausgesprochen, dass die Rezession in der US-Wirtschaft bereits "Realität" sei. Inzwischen glauben das Umfragen zufolge 60 Prozent der US-Verbraucher. Rezession wird dabei als der Rückgang des Wirtschaftswachstums in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen definiert. Ein unorthodoxes Orakel wendet das Wirtschaftsmagazin Economist an: Es zählt, wie oft das R-Wort in der Washington Post und der New York Times vorkommt. Hintergrund: Vor den letzten Rezessionen von 1981, 1990 und 2001 hatte es signifikante Häufungen gegeben. Wenn man die Anzahl der Nennungen in den letzten Tagen auf ein Quartal hochrechnet, kommt in man in etwa auf die gleiche Zahl wie vor dem Abschwung von 2001.

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