■ URDRÜS WAHRE KOLUMNE: Müllverbrennung im Fegefeuer
URDRÜS WAHRE KOLUMNE
Müllverbrennung im Fegefeuer
Bei Aldi gibt's jetzt die ganze Heilige Schrift mit Goldschnitt und Lesebändchen zum Knallerpreis von 19 Mark 98. Das wahre Wunder aber ist: Von jeder Bibel leuchtet der Grüne Punkt! Sind die Evangelien recycelbar oder für die thermische Entsorgung vorgesehen?
Ein orientierungsloser Herr jenseits seiner besten Jahre torkelte gestern durch die Obernstraße und bettelte. Besondere Kennzeichen: Ein weißer Wattebart und eine rote Zipfelmütze. Beim Almosenheischen lallte er mühsam „Helft, damit ich schenken kann!“ Robin Hood hat's nicht leicht heute.
Eine dieser euphemistisch Sportstudio genannten Folterkammern inseriert im neuen Bremer Prinz seine „Sport-und Erlebniswelt“ mit einem neckisch lächelnden Dummerjan unter der Überschrift „Wo nimmt der Mann-O-Mann Euch Frauen richtig ran?“ Die geheime Hexenkunst der Herstellung von Buttersäure scheint aktuell zu bleiben.
Ein polnischer Millionär (nix Zloty — Dollar!) hat seiner Stadtverwaltung 5OO.OOO Dollar versprochen, wenn sie eine Straße nach ihm benennt. Wenn das Beispiel Schule macht, gibt es bald in Bremen zwischen Hinrich-Blumenberg- Platz und Friedrich-Rebers-Allee eine Uwe- Beckmeyer-Straße und ein Karsten-Vilmar- Gäßchen.
Eine Panzerfaust wurde auf einem Schwachhauser Privatgrundstück entdeckt. Daß die wilden Camper von der Fohlenweide in Overniggeland solche Mittel in der Hinterhand haben, hätte selbst ich nicht für möglich gehalten.
Der Große Karnevalsverein „Rot-Weiß“ Bremen startet morgen im Borgfelder Landhaus in die Närrische Session 92/93, und zwar mit der Inthronisation des Prinzenpaars. Für Stimmung sorgt “der singende Fleischermeister Ochmann“ aus Gröpelingen, und eingeladen sind „alle, die kein Kind von Traurigkeit sind“. Als Jungfrau zwängt sich vermutlich Peter Kudella in die Netzstrümpfe, Sabine Uhl macht's Tanzmariechen, und wenn sich Klaus Peter Schulenberg auf dieser Lustbarkeit gegen Spende für Greenpeace ohrfeigen lässt, spreng' ich mein Sparschwein! Zumal die Pressemitteilung verspricht: „Als Büttenredner erleben Sie rheinischen Humor aus Oberhausen“
Ein Herr Schlosser von der Uni Frankfurt sucht das Unwort des Jahres und nimmt Vorschläge über das dortige Postfach 11 19 32 entgegen. Besonderes Auslesemerkmal soll der „sachlich unangemessene Sprachgebrauch“ sein. Wie wäre es mit der Bremensie „Alle-Mann-Manöver zur Rettung der Selbständigkeit“?
Kurzroman im Kleinanzeigenteil der anderen Heimatzeitung: „Algarve, September 1992, Praya da Racha. Du hattest eine nett plazierte Tätowierung, Birgit aus Stuttgart teilte mit Dir ein Doppelzi., 2 Kölnerinnen suchen Dich. (Falls Sie die Pointe interessiert: Anrufe erbeten unter Tel. O2233/46424).
Use Moderspraak möt wie in Ehrn hollen. Und nicht die plattdeutschen Nachrichten auf der Hansawelle aus dem Stundentakt herausnehmen und auf den Katzentisch setzen, wie der landesfremde Programmdirektor Hermann Vinke dies jetzt tat. Gehe in dich, tue Buße / sonst kommt Sankt Niklas mit der Rute! Ulrich Reineking-Drügemöller
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